Ende August waren wir nochmals im Allgäu. Dieses Mal allerdings für ein paar Tage privater Natur, nicht auf Pressereise, wie kurz zuvor bei der Wandertrilogie. Einfach um etwas abzuschalten, die Gegend in Ruhe zu erkunden und gleichzeitig ein paar schöne Stunden mit der Verwandtschaft zu verbringen. Nachdem unsere geplante Hochtour dieses Jahr ins Wasser gefallen ist, wollten mein Cousin und ich trotzdem etwas gemeinsam unternehmen. Und da meine Tante und er Ende August ein paar Tage frei hatten, bot sich dieser Zeitraum ideal an.
Also ab auf die A7 Richtung Süden (diesmal ohne Bahn, weil in dieser Konstellation vor Ort etwas flexibler) und mal schauen, was das Allgäu noch so zu bieten hat. Der Wetterbericht sprach leider im Vorfeld von Regen und schlechtem Wetter. Mensch, das war bzw. ist man als Schweinfurter gar nicht mehr gewohnt! Aber für ein verlängertes Wochenende fuhren wir natürlich trotzdem. Ganz nach dem Motto: Anzuschauen gibt es doch immer etwas! Und einfach mal ausspannen schadet schließlich auch nicht.

Wir hatten eine kleine, schnuckelige Pension in Bad Hindelang und meine Tante und Cousin waren mit ihrem Wohnwagen auf einem Stellplatz in Oberstdorf untergebracht. Sie blieben noch etwas länger vor Ort, das Wetter sollte auch im Laufe der Woche schöner werden, damit rentierte sich der Trip mit dem Wohnwagen. Am ersten Nachmittag trafen wir uns in Oberstdorf und bummelten durch die Gegend. Auf den ersten Blick ein schönes Örtchen mit einigen Restaurants und Einkaufsmöglichkeiten. Jetzt im Spätsommer ganz gemütlich. Man kann sich aber auch gut vorstellen, wie voll es in den Gassen zur Skisaison werden kann!
Für den nächsten Tag war durchgängig Regen gemeldet, daher entschieden wir uns für einen Ausflug nach Kempten. Vergangenes Jahr war ich im Rahmen einer Pressereise in Kempten, einer der ältesten Städte Deutschlands, und habe einige schöne Ecken kennengelernt. Aber natürlich längst nicht alle. Diesmal hatten wir uns das Alpin-Museum ausgeguckt, in dem es um die Alpen als Lebensraum geht, um Bergsteigen, Skisport, Expeditionen und mehr. So gibt es z.B. einen Raum rund um die Tierwelt und Bäume der Region, in anderen gibt es zahlreiche Skimodelle quer über alle Jahrzehnte, Expeditionskarten und –materialien oder Infos über Gesteinsarten. Interessant!
Da des Wetter leider nicht besser wurde, besuchten wir spontan auch noch die Prunkräume der Residenz Kempten. Dies war wegen Corona nur mit Führung möglich und wir hatten Glück und ergatterten spontan noch Plätze. Eine gute Idee, denn die original erhaltenen Prunkräume sind schon sehr beeindruckend und in ihrer Rokoko-Ausstattung sollen sie einmalig im süddeutschen Raum sein. Ohne die Führung hätten wir die vielen dahinterstehenden Geschichten und Hinweise nie entdeckt. Im Anschluss waren unsere Köpfe allerdings mit viel Kultur gefüllt und zum Abschluss wurde diese bei einem leckeren Essen verarbeitet.

Der kommende Tag war ein Montag und das Wetter sollte besser werden. Naja, sagen wir mal so: Es sollte nicht mehr dauerhaft regnen. Somit entschieden wir uns für eine Tour zum Unteren Gaisalpsee und je nach Bedingungen vor Ort sollte es evtl. noch auf das Rubihorn gehen. Die Tour zum Unteren Gaisalpsee entpuppte sich als wirklich sehr schöne Wandertour. Als Startpunkt wählten wir den (kostenpflichtigen) Parkplatz Reichenbach aus. Bitte ausreichend Kleingeld mitbringen – der Automat gibt kein Wechselgeld heraus und Kartenzahlung funktioniert leider auch nicht. Auf Grund des Wetters war der Parkplatz noch recht leer, aber allein aufgrund der Größe kann man sich vorstellen, wie viele Leute die Tour an einem sonnigen Sommerwochenende gehen. Daher der Tipp: falls möglich lieber unter der Woche loswandern.
Wir entschieden uns für den „Tobelweg“, der kurz hinter dem Parkplatz beginnt und uns immer entlang des Gaisalpbachs nach oben führte. Alternativ könnte man auch den Fahrweg gehen, der ist natürlich nicht so naturbelassen, aber falls jemand mit Kinderwagen o.ä. unterwegs ist bis zur Alpe, geht das auch. Der Tobelweg ist super zu laufen, kann je nach Wetter aber etwas matschig sein. Vorbei an naturbelassenen Staustufen und Steintreppen, über Brücken und unter den Bäumen erreichten wir nach ca. 45min die Gaisalpkapelle bzw. kurz darauf dann die Gaisalpe (montags ist allerdings Ruhetag). Schon fast in Sichtweite befindet sich eine zweite Hütte, die Untere Richteralpe, welche auch montags geöffnet hat. Wir merkten sie schon mal vor für den Rückweg. Unser Weg schlängelt sich weiter, durch Kiefernwald und Latschenkiefer nach oben. Ab und zu sind ein paar Stahlseile zur Sicherung eingeschlagen oder ein paar engere Passagen, aber wenn man ein bisschen Bergerfahren ist, eigentlich nicht der Rede wert. Wettertechnisch war es zwar trocken, aber Nebel- und Wolkenschwaden zogen immer wieder umher und versperrten die Sicht.

Nach einem weiteren kurzen Anstieg erblickten wir dann den unteren Gaisalpsee, der auf ca. 1500m Höhe liegt. Im Hochsommer und bei richtig schönem Wetter tummeln sich vermutlich sehr viele Wanderer vor Ort. Wir hatten allerdings Glück und waren fast die einzigen, die den malerischen See genießen konnten. Ok, ein Entenpärchen drehte noch seine Runde, das wars aber fast schon wieder. Eine Herde Ziegen zog noch von oben herunter, schenkte uns aber keine Beachtung und ging einfach vorbei. Vom See aus konnten wir dann zum ersten Mal das Rubihorn erblicken. Die umliegenden Gipfel, wie das Nebelhorn, lagen allerdings weiterhin in den Wolken.

Nach einer kurzen Rast am See schauten wir uns den Wetterbericht nochmals an und mein Cousin und ich entschieden uns für den Aufstieg zum Rubihorn. Die Mädels machten sich parallel auf den Rückweg zur Hütte, wo wir uns später wieder treffen wollten. Wir lagen noch gut in der Zeit und das Wetter sollte sogar noch etwas aufklaren und erst wieder am frühen Abend beginnen zu regnen. Also, nichts wie rauf auf das Rubihorn, damit wir in 2020 wenigsten einen Gipfel zusammen machen. Und was passierte zwischendurch? Genau, die Wolken kamen zurück und dementsprechend war die Sicht begrenzt. Wenigstens blieb es trocken und so ging es für uns weiter nach oben. Der Pfad war ok, zwischendurch ein paar engere Stellen und Drahtseilgesicherte Passagen, aber insgesamt locker machbar. Muss ich an dieser Stelle nochmals auf die Wanderschuhe/Packliste und Trittsicherheit hinweisen? Nein, das sollte mittlerweile (eigentlich) auch der letzte kapiert haben. Aber gerade bei solchen schmierigen und feuchten Bedienungen sind feste Wanderschuhe Pflicht.
Wir wanderten weiter und nach einer Weile tauchte auf einmal das Gipfelkreuz vor uns auf. Ganz ehrlich und unter uns: Damit hatten wir noch nicht gerechnet. Denn unsere Füße waren noch fit und von Müdigkeit war weit und breit nichts zu spüren. Kurze Zeit später standen wir also schon auf dem Rubihorn mit seinen 1957m. Angeblich ein Gipfel mit super Sicht hinein in das Voralpenland. Gut, wir sahen außer Wolken nicht gerade viel. Ein paar Wanderer, die von der anderen Seite hochkamen und einen Alpensalamander. Auch wenn er, auf Grund der niedrigen Temperaturen, etwas behäbig war, war er (oder sie) doch nett anzuschauen. Bei so einem Wetter zeigen sich (Alpen-)Salamander übrigens besonders gerne.

Wo ein Aufstieg, ist auch ein Abstieg (Altes tibetanisches Sprichwort)! Nach einer kurzen Rast machten wir uns auf den Rückweg. Zwei einzelne Wanderer, die von der anderen Seite kamen, schlossen sich uns auf den ersten Metern durch die Wolken an. Wie bereits erwähnt, muss das Rubihorn ein guter Aussichtsberg sein, der häufig für Tagestouren empfohlen wird. Denn beim Abstieg kamen uns noch einige Wanderer (u. a. in Turnschuhen und wenig trittsicher) entgegen. Einige kehrten an den etwas schwierigeren Passagen wieder um <- definitiv besser so! Unsere zwei Begleiter hatten wir mittlerweile zurückgelassen, ließen den unteren Gaisalpsee hinter uns und liefen flotten Fußes zur Hütte. Unterwegs hatte es nämlich wieder angefangen zu regnen. Auf den Wetterbericht ist auch keinerlei Verlass mehr… Anyway, abwärts ging es schneller und zack waren wir an der Untere Richteralpe angekommen. Darauf ein Zötler Bier und eine warme Suppe!
Die letzten Meter zurück zum Ausgangspunkt (übrigens auf nicht ganz 900m) waren im Anschluss auch schnell geschafft und somit war es ein erfolgreicher (Gipfel-)Tag!


Details zur Tour (Suunto Ambit3 Peak):
Länge: 13,33km
Dauer: 6 Stunden und 10 Minuten (die reine Gehzeit lag bei ca. 4 Stunden und 54 Minuten)
Aufstieg: 1142m
Temperatur: lag bei 22 Grad <- so als Zusatzinfo
Meine Aufzeichnung bei Koomot findet Ihr hier: „Parkplatz Reichenbach – Gaisalpsee – Rubihorn und zurück

Am nächsten Tag hieß es für uns wieder Abschied nehmen vom Allgäu. Allerdings nicht ohne einen weiteren Programmpunkt: Das Schloss Neuschwanstein in Hohenschwangau bei Füssen.
„Ja, das Touriding…“ denkt Ihr. Ja genau! Als Kind war ich schon mal drin, kann mich aber überhaupt nicht mehr erinnern. Unsere Überlegung im Vorfeld war: Aktuell sind kaum asiatische oder amerikanische Touristen vor Ort und somit könnte es weniger überlaufen sein, als zu normalen Zeiten. Allerdings werden Coronabedingt auch weniger Touristen in das Schloss gelassen bzw. ist eine Besichtigung nur in Kombination mit einer Führung möglich. Was wiederum bedeutet, dass pro Tag nur ein gewisser Prozentsatz der bisher zulässigen Besucher das Schloss besichtigen kann. Gut, soweit kein Problem. Es ist möglich, im Vorfeld Tickets im Online-Shop zu kaufen. Da in Bayern Ende August noch Sommerferien waren, waren Wochen vorher aber schon alle Führungen ausgebucht.
„Was tun?“, sprach Zeus. Anschreiben und lieb nachfragen (manchmal kann ich das auch), ob vielleicht noch etwas geht. Daraufhin kam die Antwort, dass wir es an der Tageskasse versuchen sollten. Ein gewisses Kontingent an Tickets pro Tag wird nämlich vor Ort an der Tageskasse ausgestellt.
Unser Plan war also so kurz vor 9 Uhr an der Tageskasse zu sein und Tickets zu ergattern. Wir kamen etwas später, kurz nach 9 Uhr an und lösten ein Ticket an einem der vielen Parkplätze (für 8 Euro, alle Tickets sind Tagestickets). Um ca. 9:30 Uhr waren wir an der (noch leeren) Tageskasse und konnten Tickets inkl. Führung für 13:05 Uhr kaufen. Doch was macht man in der Zwischenzeit? Nach kurzer Rücksprache mit dem Parkplatzwärter „Ja, ihr könnt später (ausnahmsweise) auch wieder mit dem Ticket hier parken“ fuhren wir zurück nach Füssen. Dort bummelten wir etwas umher und genossen Kaffee und Kuchen. Muss ja auch sein. 😉
Gegen 12 Uhr ging es wieder zurück auf den Parkplatz, um von dort aus hoch zum Schloss zu laufen. Das Schloss liegt nämlich ca. 1,5km entfernt und ist nur per Fuß oder mit der Pferdekutsche zu erreichen. Nach ca. 35min kamen wir oben an und warteten auf unseren Einlass. Am Eingang selbst warteten einige Menschen und schauten sich um, mehr als wir zu Corona-Zeiten erwartet hätten. Aber insgesamt verlief sich alles gut und es war genügend Platz für alle vorhanden.
Führungen finden alle 10 Minuten in kleinen Gruppen von ca. 10 Personen statt. In den Räumen im Schloss selbst sind „Corona-Punkte“ mit ausreichend Abstand aufgeklebt, von denen man dem Guide gut lauschen kann. Schon spannend, wenn man durch ein nicht fertiges Schloss geht, die besonderen Ideen Ludwigs II. anschaut und alles irgendwie surreal erscheint. Besonders beeindruckend finde ich die damalige Technik, die König Ludwig II. in „sein“ Märchenschloss (wie es auch sehr oft genannt wird) einbauen ließ, wie z.B. die Zentralheizung oder eine sehr durchdachte und für die damalige Zeit sehr moderne Küche.

Nun kann das Schloss Neuschwanstein auch von der imaginären Bucket-Liste gestrichen werden. Wer Zeit und Lust hat, dem kann ich einen Besuch empfehlen – gerade jetzt zu Zeiten von Corona eine gute Möglichkeit, es sicherlich etwas leerer zu erleben. Für uns ging es von dort aus zurück nach Hause und zurückblickend war es, trotz schlechten Wetters, ein schöner Kurzurlaub.

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