Die Oppland auf dem Nord-Ostsee-Kanal

Für Franken ist eine Fahrt in den hohen Norden von Deutschland ja fast eine halbe Weltreise. 600km nach Norden von Schweinfurt aus und schon ist man vor Ort am Nord-Ostsee-Kanal. So ganz grob gesagt. Warum genau der Nord-Ostsee-Kanal? Kurz: Die Schwiegereltern hatten ein Ferienhaus für ihren Urlaub gebucht und es war noch etwas Platz. Somit wurde kurz überlegt, das Auto gepackt und es ging Richtung Norden. Zudem war ich persönlich noch nie in der Region und neugierig auf die Gegend. Praktischerweise führt die A7 unweit von Schweinfurt vorbei und ziemlich weit in Richtung Ziel. Eine Fahrt mit der Bahn war dieses Mal keine Option, da es zum Ferienhaus quer durch die Pampa ging. Außerdem ist es zwingend notwendig mindestens 1x mit einer der vielen Fähren zu fahren.

So natürlich auch geschehen und bei einem Mal Fähre ist es nicht geblieben. Die Fähren am Nord-Ostsee-Kanal sind sowohl für Autos als auch für Fußgänger und Radfahrer kostenlos. Dies ist auf Kaiser Wilhelm zurückzuführen. Er gab damals den Bau in Auftrag, der Kanal wäre natürlich für die Anwohner (später auch Urlauber) unüberwindbar gewesen. Um ein Entgegenkommen zu signalisieren, erließ er deshalb die Kosten für die Überfahrt.
Beim NOK (wie er auch genannt wird) handelt es sich um die meistbefahrene künstliche Seeschifffahrtsstraße der Welt. Da kommt kein Suez- bzw. Panamakanal ran. Was zumindest die Anzahl der Durchfahrten betrifft. Zu deren Verteidigung muss man jedoch sagen, dass im NOK „nur“ Schiffe bis maximal 235m Länge, 32,5m Breite, einem Tiefgang von 9,5m und einer Mastenhöhe (über Wasserspiegel) von 40m erlaubt sind. Was aber auch nicht ohne ist. Der Kanal sieht auf den ersten Blick recht breit aus, doch wenn ein Containerschiff nur ein paar Meter vom eigenen Standpunkt entfernt fährt, bekommt man eindrucksvoll die Dimensionen aufgezeigt. Je nach Größe sind die Schiffe in sechs Verkehrsgruppen unterteilt. Bis auf die Verkehrsgruppe 1 (die kleinste) müssen alle einen Lotsen mit an Bord führen. Des Weiteren besteht ab Überschreiten von bestimmten Maßen zusätzlich zur Lotsenpflicht die Vorschrift ein oder mehrere sogenannte Kanalsteurer aufzunehmen. Dies ist einmalig in Deutschland.

(Bildquelle: Wasserstraßen- und Schifffahrtsamt Nord-Ostsee-Kanal)

Bei einer Durchfahrt werden im Schnitt ca. 250 Seemeilen (463 Kilometer) gespart. Ansonsten müssten die Schiffe durch das Skagerrak fahren. Je nach Strecke kann sogar eine Einsparung von 368 Seemeilen (682 Kilometer) erfolgen. Also doch schon eine Menge. Zwar dürfen die Schiffe im NOK nur maximal 8,1kn (=15km/h – für Schiffe der Verkehrsgruppe 6 oder einem Tiefgang von mehr als 8,5 m: (6,5kn) 12km/h) befahren, aber dennoch bringt der NOK eine gewisse Zeitersparnis mit sich. Eine Durchfahrt dauert in der Regel um die 8 Stunden. Kommt natürlich immer auf das Schiff und den Verkehr an. Im Kanal selbst gibt es insgesamt 12 Ausweichstellen, an denen sich auch die größeren Schiffe begegnen. So ein paar Daten. Wer noch mehr über den Kanal wissen möchte, einfach hier entlang.

Dieses Mal hatte ich – in weiser Vorahnung – die Kamera mit dabei, denn ich wollte ein paar schöne Bilder auf dem NOK machen. Neben ein paar größeren Schiffen wollte ich unbedingt einen (oder gleich mehrere) Schlepper erwischen. Zwischendurch dachte ich schon, dass es nicht klappen würde. Denn entweder waren wir die Umgebung erkunden oder schlichtweg einfach zu spät. Man schaut ja nicht minütlich in die App „Marine Radar“. Doch am letzten Abend konnte ich endlich noch den Schlepper „FAIRPLAY-54“ erwischen.

Ja, ich bin bekennender Schlepper-Fan. Die „kleinen“ Kraftprotze muss man einfach mögen. Und irgendwann muss ich auch einmal mitfahren – ähnlich der Pistenraupe damals im Pitztal. Träumen darf man schließlich noch. Wie dem auch sei, ich hatte mein Schlepper-Bild. Selbstverständlich gab es auch weitere Schiffe zu sehen. Darunter einen Kabelleger, ein paar Containerschiffe, Tanker, Ro-Ro und viele mehr. Von groß bis klein war fast alles dabei. Da wir keine 100m vom NOK entfernt übernachteten, konnten die vorbeifahrenden Schiffe zu jeder Tages- und Nachtstimmung bildlich eingefangen werden.

Theoretisch hätte man sich nur einen Hocker schnappen müssen, gepaart mit etwas Verpflegung und Zeit und den Tag so mit Schiffe gucken verbringen können. Die kommen schließlich auf jeden Fall vorbei. Spannend und gleichzeitig beeindruckend, die großen Schiffe (obwohl es sich noch lange nicht um die ganz großen handelt) so nah zu sehen. Aber man möchte ja auch noch etwas mehr erkunden.

Wir nächtigten in Hinrichshörn und fuhren einen Tag in Richtung Osten, genauer gesagt wollten wir uns die Rendsburger Hochbrücke mit der berühmten Hängefähre anschauen. Glücklicherweise hatten wir die Straße über Nübbeln gewählt und dementsprechend war linker Hand die Eider und rechter Hand der NOK zu sehen. Als kleiner Tipp: Auf Höhe der Lotsenstation Rüsterbergen gibt es einen sehr guten Fotospot. Und überhaupt, sehr schöne Landschaft in der Ecke. In Rendsburg selbst ist die Hochbrücke schon von weitem zu erkennen. Sie wurde zwischen 1911 und 1913 erbaut, dient als Eisenbahnbrücke und trägt eine (DIE) Schwebefähre. Übrigens war die Brücke 99 Jahre lang die längste Eisenbahnbrücke (2486m) in Deutschland. Verbaut wurde auch ca. 2,5x mehr Stahl als im Eiffelturm. Zudem wurde die Brücke in die Liste technischer Denkmäler in Deutschland aufgenommen. Das sind also schon beeindruckende Dimensionen und eine technische Meisterleistung.

Die Fähre selbst hat eine Tragkraft für maximal vier Fahrzeuge und 100 Fußgänger bzw. Radfahrer. Schwebt 3m über der Wasseroberfläche des NOK und benötigt 2min für eine Überfahrt. Natürlich ist sie ebenfalls kostenfrei nutzbar. Noch eine Besonderheit: Weltweit gibt es nur acht in Betrieb befindlichen Schwebefähren und sie ist die einzige unter einer Verkehrsbrücke. Weltweit!

Auf meiner imaginären „Must-See“-Liste stand außerdem das Eidersperrwerk. Dabei handelt es sich um das größte Küstenschutzbauwerk Deutschlands, das sich an der Mündung der Eider befindet. Es wurde zwischen 1967 und 1973 erbaut und dient zum Schutz vor Sturmfluten. Je nach Wetterbedingungen wird das Sperrwerk unter insgesamt vier Betriebsformen gefahren. Als wir vor Ort waren, war gerade Flut und die Strömung von Nordsee Richtung Binneneider war schon beeindruckend. Und das war nur „normale“ Flut. Ein spannendes Bauwerk. Und lustigerweise befindet sich direkt angrenzend eine Brutkolonie von Küstenseeschwalben und Lachmöwen, unbeirrt von den Touristen, die nur wenige Meter von ihnen entfernt stehen.

Was gibt es sonst noch zu sehen bzw. was haben wir noch gesehen? Büsum selbst kann man anschauen, muss man aber nicht zwingend. Halt, die Tee:Pause in der Werftstraße kann ich sehr empfehlen. Stichwort: Käsekuchen! Und wenn man schon im Hafen ist, Fischerboote gehen auch immer. Ansonsten sind hier ziemlich viele Touristen unterwegs. Auf dem Rückweg fanden wir noch ein paar gute Spots. Die Badestelle Warwerort mit (Deich-) Schafen und das Naturschutzgebiet Wöhrdener Loch. Die Schafe ließen sich wunderbar kraulen und das Naturschutzgebiet ist perfekt, um verschiedene Vögel, u.a. auch Kiebitze oder Austernfischer, zu beobachten.

Auf meiner zuvor vorhandenen Must-See-Liste waren alle Punkte abgehakt und ein paar zusätzliche Infos/Spots/Highlights kamen ungefragt hinzu. Insgesamt ein schöner (Kurz-)Urlaub am Nord-Ostsee-Kanal!

@olschok

Schiffe am #nordostseekanal – Hier an den Ufern dieses beeindruckenden Kanals fahren die Schiffe an uns vorbei und lassen uns staunen. ⛴️😲 Die majestätischen Pötte und die malerische Landschaft verschmelzen zu einer atemberaubenden Szenerie. 🌊🌳 #nok #schiffe #kanal #kielkanal #entdeckung #blogger

♬ Aesthetic – Tollan Kim

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