Die Bockwindmühle Vehlefanz in Brandenburg

Besondere Orte zu entdecken ist immer wieder etwas Großartiges. Noch dazu, wenn diese Orte zunächst nicht unbedingt auf der „musst-du-unbedingt-einmal-besuchen“-Liste stehen. So ist es mir vor Kurzem erst wieder passiert. Es ging auf Pressereise ins schöne Bundesland Brandenburg. Wobei man dazu sagen muss, dass es sich natürlich nicht um das ganze Bundesland handelte, sondern ein – im Vergleich – kleines Fleckchen darin: Das Rhinluch zwischen Linum und Kremmen im Ruppiner Seenland, einem der größten zusammenhängenden Wasserreviere Deutschlands.

Touristisch gesehen ist Brandenburg grundsätzlich für seinen Wassersport und die vielen Nationalparks bekannt. Spreewald und Havel sind wahrscheinlich jedem ein Begriff. Und auch kulturell hat das Bundesland einiges zu bieten. Allein die Stadt Potsdam ist immer eine Reise wert. Doch wir schauten uns diesmal etwas nördlicher um. Genauer gesagt war das Städtchen Kremmen im Landkreis Oberhavel unser Ausgangspunkt. Dank des Bahnhofs ist es von Berlin aus super schnell zu erreichen. Grundsätzlich also genial gelegen für einen Wochenendausflug <- also beispielsweise für die Berliner unter uns. Aber selbst aus Schweinfurt bzw. aus dem Süden ist man in ein paar Stunden entspannter Bahnfahrt am Ziel und mitten in einer landschaftlich herrlichen Region, die beste Erholungsmöglichkeiten bietet.
Kremmen selbst liegt im sogenannten „Rhinluch“, früher ein Niedermoorgebiet, welches vom namensgebenden Fluss Rhin durchflossen wird. Es entstand in der letzten Eiszeit und wurde später trocken gelegt und abgebaut. So entstand auch der sogenannte Kremmer Damm, früher die einzige Furt durch das Moor (heute eine Landesstraße). Wie immer, wo eine Straße bzw. eine Siedlung/Stadt ist und man nicht ausweichen konnte, wurden zur damaligen Zeit Zölle erhoben. So auch in Kremmen und die Stadt wuchs, bereits seit 1298 hat sie das Stadtrecht. Dass die Gegend sehr moorig war, ist heute noch zu spüren, wenn man etwas abseits der Straßen geht. Der Boden fühlt sich ganz weich an und einige Wiesen stehen auch heute noch unter Wasser. Genau deshalb ist die Gegend auch berühmtes Vogelgebiet, u.a. für Störche und Kraniche. Dazu kommen wir später noch.

Eine Besonderheit für die Stadt und wohl einzigartig in Deutschland ist das sogenannte „Scheunenviertel“. Bei dem Wahrzeichen Kremmens handelt es sich um ein Stadtviertel mit Scheunen aus dem 17. Jahrhundert. Insgesamt sind es aktuell 54 Scheunen, heute denkmalgeschützt, überwiegend in privater Hand und entweder mit einem Lädchen darin oder von Gastronomie, Künstlern oder Projekten genutzt. Die Besonderheit vom Scheunenvierteil ist, dass diese so geballt in einem Quartier errichtet wurden. Warum ist dies so? Dies lag zum einen an einem Erlass, der aus Sicherheitsgründen (Brandgefahr) das Lagern von Stroh im Wohnhaus verbot, aber auch an den Gegebenheiten. Denn zu Beginn der Trockenlegung war dies der erste freie Platz um/in Kremmen. Lagerplatz wurde benötigt und so wurde damals ganz pragmatisch gehandelt.

Da wir schon Mitten in Kremmen waren, machten wir einen kulinarischen Abstecher. Der Hunger sollte schließlich auch gestillt werden. Eine eindeutige Empfehlung ist hier die „Alte Lebkuchenfabrik“. Ein kleines Café mit einer angeschlossenen Pension in einer, wie der Name schon sagt, alten Lebkuchenfabrik. Und wie kann es anders sein, die Inhaberin Katharina Neumann bietet sehr leckere Honigkuchen bzw. Lebkuchen an. Übrigens ist es möglich, Lebkuchen zu jeder Jahreszeit zu essen, nicht nur zu Weihnachten – wie wir bei unserem Roadtrip „AltesBlechAlteGrenze“ in Pulsnitz schon gelernt haben. Solltet ihr einmal in der alten Lebkuchenfabrik sein, dann schaut euch nicht nur draußen um, sondern werft einen Blick in das Innere und bestaunt den alten, freigelegten Lebkuchenofen und die schöne Deko.

Kremmen ist eine relativ weitläufige Stadt und dementsprechend sind die verschiedenen Spots auch etwas auseinander gelegen. Einen kleinen Spaziergang weiter gelangt man zu Kunst & Beeren. Aktuell noch in der Umgestaltung zum landwirtschaftlichen Betrieb und gleichzeitig Kultur-Begegnungsstätte gibt es bei „Kunst&Beeren“ neben dem hauseigenen Öko- Lehr- und Schaugarten mit alten Obstsorten und Co. einen kleinen (aber feinen) Hofladen und ein Wiesencafé direkt auf den Luchwiesen. Perfekt, um die Seele baumeln zu lassen!  Die tolle Naturkulisse wird zudem regelmäßig für Lesungen, Konzerte oder Filmabende genutzt. Ach und noch eine Info: Kunst & Beeren liegt direkt am Rhinluch-Radweg. Ein schönes Ausflugsziel!
Wir haben mit Geschäftsführer Jan-Gerd Kühling einen Blick in die Zukunft geworfen: Er entwickelt seinen Betrieb zu einem sogenannten „Dritten (Kultur-)Ort“ weiter. Grob gesagt: Was früher die Dorf-Gaststätte (mit Geselligkeit, Auftritten usw.) war, soll in Zukunft Kunst & Beeren übernehmen. Dank eines Förderprogrammes des Bundes soll so ein Platzes des Zusammentreffens mit Kultur im ländlichen Raum geschaffen werden. Geplant sind viele Events, Auftritte verschiedener Künstler und und und.

Des Weiteren gibt es in Kremmen selbst natürlich noch einiges zu entdecken. Von der Kirche angefangen über alte Fachwerkhäuser im historischen Stadtkern und schöne Landschaft drumherum.
Zum Abschluss des ersten Tages besuchte unsere kleine Gruppe den Spargelhof Kremmen. Landwirtschaft zum Erleben, so würde ich den Hof nennen. Der Hof liegt etwas abseits von Kremmen und bietet im Herbst eine riesige Auswahl an Kürbissen. Diese hatten bei unserem Besuch gerade Hochsaison. Ansonsten liegt der Fokus auf Spargel und Heidelbeeren, also zu jeder Jahreszeit gibt es kulinarische Highlights. Die Kremmer Spezialitäten können beim Einkauf im Hofladen erworben, aber auch im eigenen Restaurant „Stangenwirt“ genossen werden. Den Abend ließen wir hier bei einem guten Essen ausklingen.

Das Umland von Kremmen hat einiges zu bieten. Auch wenn wir aufgrund der Zeit nur eine kleine Auswahl zu Gesicht bekamen, konnten wir an Tag 2 auf unserer ca. 35km langen Radtour einen guten Eindruck vom Ruppiner Seenland gewinnen. Ausgangspunkt hierfür war unser Hotel, das Hotel Sommerfeld. Dazu später noch ein paar Worte.
Erstmal ab auf die Räder und durch den herbstlichen Morgen radeln war das Motto! Mich erinnert die Gegend bzw. auch die Radtour etwas an die Niederlande. Zum einen, weil es ein sehr gut ausgebautes Radwegenetz gibt (nicht so wie hier in Bayern) und zum anderen gibt es das Knotenpunktsystem. Durch diese Knotenpunkte weiß der geneigte Radler sofort, wo er ist und in welche Richtung es weiter geht. Des Weiteren lässt sich die Route damit im Vorfeld sehr gut planen von Knotenpunkt zu Knotenpunkt. Weiterer Pluspunkt für spontane Radler: An den meisten Knotenpunkten befindet sich eine Übersichtskarte mit weiteren Hinweisen.

Vorbei an herrlicher Herbstlandschaft und bei strahlend blauem Himmel erreichten wir kurze Zeit später unser erstes Ziel. Die Bockwindmühle Vehlefanz mit dem Namen „Schön Kathrein“ aus dem Jahr 1815. Ein paar Jahre später, genauer ab 1991, wurde sie dann ein Mühlenmuseum und kann nun besichtigt werden. Der Name Bockwindmühle kam daher, dass die ganze Windmühle quasi auf einem Bock steht und durch Drehen ausgerichtet werden kann. Auch innen bietet sie einen einmaligen Einblick mit dicken Holzbalken, dem großem Mahlstein etc. Die Bockwindmühle Vehlefanz ist die einzige funktionierende und original erhaltene Mühle im Landkreis Oberhavel. Ein tolles Denkmal alter Handwerkskunst!

Wieder zurück aufs Fahrrad und weiter zum barocken Schlossgut Schwante und dem dazugehörigen Skulpturenpark. Beim Schloss handelt es sich um eine Wasserburg (bzw. -schloss) aus den Jahren 1741-1743, das sich aktuell in Privatbesitz befindet. Der englische Landschaftsgarten (Schlossgarten) kann besichtigt werden und noch heute sind die alten Bäume in Kreisform um das Schloss herum zu sehen. Herzstück ist der 10 ha große Skulpturenpark, der mit Hängematten, Liegestühlen und Wasserrondell zum Verweilen einlädt. Die verschiedenen Kunstwerke namhafter Künstler lassen die Gedanken spielen. Persönlich finde ich es sehr faszinierend, an welchen Plätzen die Kunstwerke aufgestellt wurden. Denn irgendwie reihen sie sich perfekt in die umgebende Natur ein und sind somit super stimmig im Landschaftsgarten angeordnet. Vor einigen Werken könnte man sicherlich stundenlang sitzen. Eine faszinierende Verbindung zwischen Natur und Kunst.

Im Anschluss gab es für uns einen kleinen Imbiss bei der lokalen Bäckerei Plentz, die seit 1877 besteht und bereits in 5. Generation geführt.  Sie bietet einen hervorragenden Kutschertopf an (= Suppe im Brot) nach altem Familienrezept. Ein Zwischenstopp zum Frühstück oder Kaffee bietet sich perfekt an, das Highlight ist immer freitags und samstags das Backen im historischen Holzofen.
Frisch gestärkt ging es zurück zum Hotel, bevor uns der nächste Programmpunkt erwartete. Linum, auch bekannt als „Storchendorf Linum“ war das Ziel. Falls ihr einmal in der Ecke seid – was ich Euch empfehle- dann schaut unbedingt bei Rixmanns Hof vorbei! Also nicht irgendwann, sondern am besten in der Kürbiszeit. Warum? So eine große Auswahl an Kürbissen habe ich noch nie gesehen, Hammer! Auf gut 15ha Land werden u.a. über 100 Kürbissorten angebaut. Was Michael Ceron in Sachen Zitrusfrüchte ist, ist Georg Rixmann für Kürbisse. Als Laie würde ich sagen, er weiß wirklich alles über Kürbisgewächse. Die Kürbisse werden in der Hofküche verarbeitet zu Marmeladen, Chutneys und vielem mehr.

Nach so vielen (Kürbis-)Eindrücken kam der kleine Spaziergang zur benachbarten Storchenschmiede Linum genau richtig. Die Storchenschmiede ist ein Umweltbildungs- und Naturschutzzentrum in Linum. Besucher können sich hier über Tiere, Pflanzen und den Naturschutz im Gebiet informieren.  Da Linum bekannt für die vielen Störche ist, ist der Name Programm. Jährlich nisten im kleinen Ort bis zu 10 Storchenpaare. Doch wir waren auf einer anderen Mission unterwegs. Stichwort: Kraniche! In der Nähe der Storchenschmiede befindet sich einer der größten Rastplätze für Kraniche in ganz Europa! Vor zwei Jahren auf der Halbinsel Fischland-Darß-Zingst war ich in den frühen Morgenstunden unterwegs, um die Vögel zu beobachten. Damals flogen sie von ihren Schlafplätzen zu den Futterplätzen. Heute war es umgekehrt, die Vögel kehrten von ihren Futterplätzen zurück und landeten unweit von unserem Beobachtungsposten auf einer feuchten Wiese. Unsere Begleitung Lisa Hörig von der Storchenschmiede erzählte uns noch viel Informatives zu den Kranichen und deren Verhalten. Aber nicht nur dazu, sondern auch zu allgemeinen (Natur-)Themen. in atemberaubendes Naturschauspiel! Faszinierend dabei, wie die einzelnen Tiere untereinander kommunizieren und sich in der Masse wieder finden. Dieses Jahr sollen es so um die 50-60.000 Kraniche vor Ort sein! Wer es selbst einmal erleben möchte, es werden Führungen angeboten (inkl. Verleih eines Fernglases). Diese kann ich nur empfehlen, denn man bekommt sehr viele Informationen mit auf den Weg!

Mit diesen schönen Eindrücken neigte sich der Tag dem Ende und so ging es glücklich und zufrieden wieder zurück zum Hotel. Was mir persönlich im Hotel und Spa Sommerfeld sehr gut gefallen hat, war der freundliche Service und das leckere Essen! Es gab Buffet, aber zwischen Buffet und Buffet können himmelweite Unterschiede sein! Das Essen war super lecker, die Auswahl toll und somit kam der Genuss nicht zu kurz. Bei Durchschauen meiner Bilder musste ich feststellen, dass ich gar kein Bild gemacht habe. Lag wohl auch daran, WEIL es so lecker war. Das Hotel liegt am idyllischen Beetzer See umgeben von viel Wald. Ein Wellness-Bereich ist vorhanden (leider nicht auspobiert) und man ist schnell in der Natur. Ideal also zum Erholen!

Was kann man im Ruppiner Seenland noch erleben? Zum einen die SeeLodge besuchen und sich dort vielleicht ein Boot für eine Woche mieten. Die SeeLodge ist eine tolle Loction, ebenfalls direkt an einem See, wie der Name schon sagt. Per Boot lässt sich die Natur bestimmt sehr gut erkunden. Einige können auch ohne Führerschein gefahren werden. Nur so als Tipp! Oder man bleibt auf dem Land und lässt sich die Natur bei einem Kräuter-Spaziergang mit den WaldWeibern näherbringen.

Wer bis hierhin gelesen hat, bekommt noch ein persönliches Fazit von mir. Die Region Ruppiner Seenland hatte ich bisher noch gar nicht auf dem Schirm. Um ehrlich zu sein, so überhaupt nicht. Und ich muss sagen, es gefiel mir sehr (!!!) gut. An vielen Ecken wurde ich an einen Urlaub in den Niederlanden erinnert. Ob es die Landschaft ist, oder die ehrlichen Menschen, das Radfahren oder die Brandenburger Gastlichkeit … ich kann es nicht genau sagen. Vielleicht ist es aber auch die Kombination aus allem? Wie dem auch sei, ich komme sehr gerne wieder – versprochen!

Ein dickes Dankeschön geht an das ganze Team von Brandenburg Tourismus und allen Beteiligten, die diese Erlebnisse ermöglicht haben.

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