Tipps und Tricks zur Tourenplanung in den Bergen

20. Juni 2023 | Keine Kommentare | Schlagwörter: , , ,

Der Bergsommer steht in den Startlöchern und wenn ich die Livecams aus den Alpen anschaue, überkommt mich persönlich die Bergsehnsucht. Aber nicht anschauen geht auch nicht – ein Dilemma! ;) Die Wanderschuhe stehen bereit, doch bevor du diese schnürst und den Rucksack packst, ist eine gründliche Tourenplanung unerlässlich. Erste Tipps zum Rucksack packen, habe ich hier schon einmal niedergeschrieben. Zur Tourenplanung gehört aber noch mehr:

Recherche und Auswahl der Route:

Bevor du dich für eine bestimmte Route entscheidest, ist es wichtig, gründlich zu recherchieren und verschiedene Optionen zu prüfen. Berücksichtige auf jeden Fall Faktoren wie Schwierigkeitsgrad, Distanz, Höhenmeter der Strecke, Wetterbedingungen vor Ort und die Verfügbarkeit von Unterkünften. Am besten liest du auch Erfahrungsberichte anderer Wanderer und sammelst so viele Informationen wie möglich, um eine Tour festzulegen.

Die Berücksichtigung des eigenen Könnens und der Fitness ist super wichtig! Und dabei muss man ehrlich zu sich selbst sein, z.B. bezüglich der körperlichen Fitness und der Erfahrung im Gebirge. Es bringt nichts, wenn man sich zu viel vornimmt und daraufhin irgendetwas passiert.
Wähle eine Route, die dem eigenen Können entspricht und nicht überfordert. Eine zu anspruchsvolle Tour kann nicht nur gefährlich sein, sondern auch den Spaß an der Wanderung mindern. Setze dir realistische Ziele, wenn du noch nicht so viel Erfahrung hast. Man kann sich ja mit der Zeit und gewonnener Erfahrung steigern. Hilfe können hierbei auch Wander- und/oder Bergführer bieten. Solltest du überhaupt noch keine Erfahrung mit Höhenmetern (= die wichtige Angabe bei einer Wanderung im Gebirge) haben, dann taste dich langsam ran. Und lieber einmal langsamer machen, als eine Notfallnummer (112 oder 140 (= Nummer der alpinen Bergrettung in Österreich)) wählen zu müssen. Zusätzlicher Tipp, fall es einmal zu einem Notfall kommen sollte: Die Notfall-App „SOS EU ALP“. Hiermit können z. B. im Notfall direkt die Standortdaten an die zuständige Leitstellt übermittelt werden.

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Das Wetter im Gebirge kann sich schnell ändern und einen erheblichen Einfluss auf deine Wanderung haben. Deshalb vorab unbedingt die Wetterbedingungen prüfen. Das wird aus der Ferne natürlich etwas schwierig(er), aber behaltet die aktuellen Wettervorhersagen im Blick und fragt ggf. auch nochmal vor Ort nach. Vermeidet auf jeden Fall Wanderungen bei extremen Wetterbedingungen wie starkem Regen, Sturm oder Gewittern, da ist das Risiko einfach zu hoch. Mein persönlicher Tipp: Mit den unterschiedlichen Wetter-Apps lässt sich das Wetter recht gut vorhersagen. Die Aussichten für die kommenden drei Tage sind mittlerweile meistens ziemlich zuverlässig. Solltet ihr dann vor Ort sein, sich einfach nochmals direkt informieren. Die Einheimischen kennen ihr Wetter am besten. Während der Wanderung blicke ich immer mal wieder in den Himmel, um ggf. ein Gewitter rechtzeitig zu erkennen. Erfahrungsgemäß entstehen diese häufig gegen Mittag/Nachmittag und es sollte am Vorabend eine entsprechende Meldung zu sehen sein. Übernachtet Ihr auf einer Hütte, gibt auch der Hüttenwirt Bescheid, dann lieber früh aus den Federn und sich rechtzeitig auf den Weg zum nächsten Stopp machen. Nichts ist schlimmer als ein starkes Gewitter in den Bergen.

Ich persönlich informiere auch Freunde und/oder Familienmitglieder über meine geplante Route. Solltet ihr noch im Tal sein, dann ruhig auch den Vermieter/Gastgeber informieren. Auf den Hütten selbst gibt es meistens ein Hüttenbuch, indem ihr euer nächstes Ziel eintragen solltet. Motto: Die Route lieber einmal mehr hinterlegen als zu wenig. Dann wissen im Notfall ein paar Leute Bescheid, wo man im schlimmsten Fall nach Euch suchen könnte.

Eine Selbstverständlichkeit sollte die Rücksichtnahme auf die Umwelt sein. Das Gebirge ist ein empfindlicher Lebensraum, daher ist es wichtig, beim Wandern umweltbewusst zu handeln. Bleibt auf markierten Wegen (allein auch schon wegen der Absturzgefahr), haltet Euch an die Regeln des Naturschutzes und nehmt den Müll wieder mit. Wie heißt es immer so schön: „Respektiere die Tier- und Pflanzenwelt und vermeide Lärm, um die natürliche Ruhe nicht zu stören.“

Doch wie findet man eigentlich die „richtige“ Route? Spricht euch eine bestimmte Region an, dann sucht im Internet nach der jeweiligen Tourismusregion und informiert euch zu Beginn auf deren Seite. Hier findet Ihr schon viele gute Anhaltspunkte zu verschiedenen Aktivitäten, auch zu Wanderrouten.
Sollte eine Route gut klingen und zu den eigenen vorab gesteckten Auswahlkriterien (Dauer, Zeitraum…) passen, schaue ich mir die Route genauer an. Sollte sie auf Komoot oder auf alpenvereinaktiv hinterlegt worden sein, finde ich sie dort meistens auch. Hier sind Steigungen, Strecken und Dauer meistens mit eingepflegt und man erhält eine gute Einschätzung. Als weiterer Punkt bei größeren Touren, ziehe ich gerne auch Youtube heran. Häufig gibt es Videos für die Strecken von Hütte zu Hütte und man erkennt die Beschaffenheit der Wege ganz gut. In diesem Fall geht es für mich nicht um Unterhaltung, sondern um die Strecke oder vielleicht auch spezielle Punkte vorab besser zu kennen. Sind Kletterstellen vorhanden? Wenn ja, wie lang und wie schwierig? Gibt es ausgesetzte Stellen, Gratwanderungen etc. pp. Aber Achtung, hier kann die Kameraeinstellung manchmal ein verzerrtes Bild liefern. Dies ist nicht weiter tragisch, denn aus all den Einzelkomponenten (Routenvorschlag der Tourismusregion, Bilder, Youtube und eigenen Erfahrungen) setze ich ein Gesamtbild zusammen. Daraufhin weiß ich dann, wie es auf der Route in etwa aussieht, welche Kondition ich vorweisen muss und weitere Dinge. Im Falle von weiteren Teilnehmern der Wanderung ist eine gewisse Vorkenntnis der gewählten Route sehr wichtig. Wie heißt es so schön: Die Gruppe ist nur so gut/stark, wie das schwächste Mitglied. Gerade was Kondition, Trittsicherheit und Schwindelfreiheit angeht in den Bergen.
Solltet ihr eine Route (z.B. Hüttentour) mit mehreren Personen planen, achtet daher bitte vorab auf die ehrliche Einschätzung. der teilnehmenden Personen. Es hilft wirklich niemanden, wenn das Mundwerk im Tal groß ist, aber „oben“ über jeden Stein gestolpert wird. Das kann für sich selbst und auch für die gesamte Gruppe frustrierend sein. Es soll ja schließlich allen Spaß machen und niemanden überfordern.
Sollte das Wetter ungeplanterweise doch nicht so recht mitspielen oder whatever – „runter kommen sie alle“. Aber wenn möglich, bitte gesund und munter!

Fazit: Die richtige Planung ist das halbe Leben.

Oben ist es schöner – Touren im Ötztal

26. August 2022 | Keine Kommentare | Schlagwörter: , , , ,

Große Vorfreude! Die Planungen liefen schon länger und nun war es endlich so weit – vor ein paar Tagen ging es mit der Bahn in das wunderschöne Ötztal. An dieser Stelle sei schon einmal gesagt: Man (also ich) ist grundsätzlich viel zu wenig in den Bergen. Endstation meiner Bahnfahrt war Ötztal-Bahnhof, um anschließend mit dem Bus bis nach Obergurgl zu fahren. Die Fahrt durch das komplette Tal – inkl. Abzweigungen zu den einzelnen Dörfern – dauert zwar ca. 1:30h, dafür ist es aber landschaftlich wunderschön anzusehen. Außerdem ist die Busfahrt recht entspannt und, da es nur eine Bundesstraße gibt, ähnlich schnell, als würde man den eigenen PKW benutzen. Ein kleiner Tipp: Eine Wochenkarte rentiert sich bereits ab zwei Fahrten. Eine Einzelfahrt von Ötztal-Bahnhof nach Obergurgl kostet 13,40 Euro und eine Wochenkarte inkl. Komplettes Ötztal und Imst 26,00 Euro. Für Besitzer der Ötztal „Inside Summer Card“ ist der ÖPNV sowieso enthalten, genauso wie beim „KlimaTicket“ in Österreich.

Obergurgl kannte ich tatsächlich bisher nur vom Winter und dachte ursprünglich, dass die Unterkünfte dort im Sommer geschlossen sind. Mein Bruder fand aber eine günstige Pension, die am Anreise- und Abreisetag von uns für je eine Nacht genutzt wurde. Die Lage kam uns zwecks Akklimatisierung sehr entgegen. Obergurgl liegt, im Gegensatz zu Schweinfurt, auf ca. 1.930m. Somit kann sich der Körper schon mal an die Höhe gewöhnen. Am ersten Nachmittag/Abend ging es noch auf einen Spaziergang zur Zirben Alm – nicht weit weg und mit schöner Terrasse. Wir waren leider zu spät, um noch etwas zu essen. Next time dann!

Der nächste Tag kam und mit dem Bus ging es rüber in das Bergsteigerdorf Vent. Mit dabei waren ein vollgepackter Rucksack mit einem Gewicht von 13kg, jede Menge gute Laune und herrliches Wetter. Vorbei an Weg-Schafen ging es stetig bergauf. Das kleine Bergsteigerdörfchen liegt auf 1.950m und unser Endziel an Tag 1 war die Similaunhütte. Sowohl auf der Hütte als auch bei der Ötzi-Fundstelle war ich schon das ein oder andere mal, zuletzt 2021. Mein Bruder war vor ca. 25 Jahren das letzte Mal dort oben und war leicht verwundert, dass es mittlerweile ohne Gletscherüberschreitung zur Hütte geht. Damals reichte der Gletscher noch annähernd an die Hütte ran. Heute leider nicht mehr. Wir wollten erst zur Ötzi-Fundstelle, um anschließend über den Grat zur Hütte zu gehen. Man muss dazu sagen, dass der ursprüngliche Plan ein anderer war: Erst zur Hütte, übernachten und am nächsten Tag über die Fundstelle weiter. Doch dies hätte uns fast 1,5h zusätzlich gekostet und für den darauffolgenden Tag waren Gewitter gemeldet. Daher entschieden wir uns um und schauten direkt bei Ötzi vorbei. Im letzten Stück muss man sich etwas orientieren, um den Weg zu finden, und Trittsicherheit ist natürlich unabdingbar. Nach 8 Stunden und 30 Minuten (natürlich mit Pausen) und 1.420 Höhenmetern kamen wir geschafft und glücklich auf der Siminlaunhütte an.

Schafe auf dem Weg zur Ötzi-Fundstelle bzw. Similaunhütte
Blick auf die Similaunhütte vom Weg ab der Martin-Busch Hütte
Abzweigung zur Ötzi-Fundstelle
Der Similaun
Auf dem Weg zur Ötzi-Fundstelle über Blockwerk
Schneereste in der Nähe der Ötzi-Fundstelle
Wahrzeichen an der Ötzi-Funstelle im Ötztal
Weg von der Ötzi-Fundstelle zur Similaunhütte
Grad auf dem Weg von der Ötzi-Fundstelle zur Similaunhütte
Die Similaunhütte von oben und der Similaun im Hintergrund

Die Komoot-Links zu den Routen findet ihr wie immer am Ende des Posts. Zurück zur Hütte. Wie (fast) immer auf Hütten – Schuhe aus, anmelden und das Schlafquartier aufsuchen. Dort erst einmal ordnen und anschließend die Dusche aufsuchen, für die man vorher eine Duschmarke kauft. In der Regel kosten diese so um die 4 Euro. Was im Gegenzug 4 Minuten warmes/heißes Wasser bedeutet. Vollkommen ausreichend, vor allem wenn man die Versorgungssituation in der Höhe bedenkt. Vielen wird es ähnlich gehen: Sobald man auf der Hütte zur Ruhe kommt, lässt man den Tag Revue passieren und speichert seine persönlichen Highlights ab. An diesem Tag war es bei mir ein Bartgeier. Kurz vor der Hütte befindet sich der Grat, über den wir gekommen sind. Auf diesem machte ich einen kurzen Halt, sah mich um und entdeckte einen Bartgeier, wie er direkt über das Joch flog. Und zwar von oben – unglaublich!

Mit dieser, und noch einigen mehr Situationen im Kopf, ging der Tag zu Ende. Neuer Morgen, neue Route. Unser nächstes Ziel war das Hochjoch-Hospiz. Eine Alpenvereinshütte auf 2.413m. Die ursprüngliche Route sollte uns über den Saykogel (3.355m) führen. Doch als wir am Morgen einen Blick aus der Hütte warfen, musste dieser Plan geändert werden. Die Sicht war vor lauter Nebel bzw. Wolken sehr schlecht und laut Hüttenwirt sollte es auch früher beginnen zu regnen bzw. gewittern als am Vortag angekündigt. Deshalb ging es für uns (leider) wieder zurück nach Vent, um anschließend von dort zur Hochjoch-Hospizhütte aufzusteigen. Einen weiteren Vorteil hatte die Besteigung der Ötzi-Fundstelle am Vortag: Wir mussten nicht den gleichen Weg zurücknehmen. Auf halber Strecke befindet sich die Martin-Busch Hütte und theoretisch auch unser Abzweig zum Saykogel. Das Wetter wurde nicht besser (im Tal schon, oben aber nicht) und so ging es weiter zurück nach Vent. Ab den Rofenhöfen (bekannt für Haflinger und als höchstgelegene dauerbesiedelte Bergbauernhöfe Österreichs) führt der Pfad immer dem Tal entlang. Manchmal etwas enger und u.a. auch mit Fixseilen. Das ist aber alles kein Problem und gefühlt kann (fast) jeder mit Bergerfahrung diesen Weg gehen. Angeschrieben ist die Wanderung mit 3 Stunden. Was auch ungefähr hinkommt.

Die Similaunhütte in Wolken gehüllt
Wolkenverhangener Blick von der Similaunhütte ins Tal
Klarer See auf dem Weg von der Similaunhütte nach Vent
Abzweigung zur Hochjoch-Hospiz über den Saykogel an der Martin-Busch Hütte
Haflingerpferde an den Rofenhöfen
Weg zur Hochjoch-Hospiz Hütte von Vent aus
Die Hochjoch-Hospiz unter Wolken
Graupel auf der Hochjoch-Hospiz
Abendstimmung auf der Hochjoch-Hospiz mit Blick ins Tal

Die Strecke „untenrum“ von der Similaunhütte zur Hochjoch-Hospiz zieht sich schon etwas. Insgesamt knapp 20km mit ca. 620 Höhenmetern. Trotzdem eine schöne Tour. Angekommen auf unserer zweiten Hütte das bekannte Ritual: Wanderschuhe aus- und Hüttenschuhe anziehen. „Freiheit den Zehen!“ Anschließend einchecken und duschen. Beim Einchecken dann eine kleine Überraschung. Mein Bergführer Michael von der Fluchtkogel-Tour 2019 saß dort am Tisch. Er war mit einer Familie unterwegs, welche ein paar Gipfel erklimmen wollten. Wir gingen uns erst einmal wieder kultivieren und später saßen wir mit Michael und der Familie zusammen. Natürlich wurde gequatscht, gewitzelt, Tipps/Neuigkeiten ausgetauscht und die nächste Tour(en) 2023 geplant. Ein richtig schöner Hüttenabend! Es war übrigens die richtige Entscheidung, nicht über den Saykogel zu gehen, denn später fing es an zu regnen, hageln und gewittern.

Der nächste Morgen kam und auch hier wieder die gewöhnliche Routine: Frühstücken, Zähne putzen/waschen, raus aus den Hüttenschuhen und rein in die Wanderschuhe. Kurzer Check, Rucksack satteln und los geht’s. Das Wetter war wieder besser, nur etwas kühler. Dafür, dass es zu Hause immer um die 30 Grad hatte, war es hier richtig angenehm. Noch ein Pluspunkt für die Berge. Das nächste Ziel war die Vernagthütte. Keine 3 Stunden entfernt (falls man den Höhenweg nimmt) und aus Erfahrung ein sehr schöner Weg. Unser Plan lautete etwas anders, denn wir gingen quasi den direkten Weg über den Gipfel der mittleren Guslarspitze. Ab der Hütte schlängelt sich der Weg entlang hochalpiner Landschaft mit einem wunderbaren Blick auf die umliegende Gletscherwelt. Weiter oben wird es (natürlich) etwas steiniger. Der Gipfel (3.128m) war nicht mehr weit und sobald man das Joch betritt, sind es nur noch ein paar Meter bis zum Kreuz. Die Aussicht auf dem Gipfel ist grandios. Das Tagesziel, die Vernagthütte, ist ebenso zu sehen, wie auch der leicht gezuckerte (schneebedeckte) Gipfel der Wildspitze.

Weg von der Hochjoch-Hospiz zur Vernagthütte am frühen Morgen
Wegweiser auf dem Weg von der Hochjoch-Hospiz zur Vernagthütte
Schafe, Mond und Gletscher auf dem Weg von der Hochjoch-Hospiz zur mittleren Guslarspitze
Weg von der Hochjpch-Hospiz zur mittleren Guslarspitze
Blick auf die Gletscher auf dem Weg von der Hochjoch-Hospiz zur Vernagthütte
Gipfelkreuz der mittleren Guslarspitze
Ich auf der mittleren Guslarspitze
Gipfelbuch der mittleren Guslarspitze mit Ausblick
Die Wildspitze von der mittleren Guslarspitze aus gesehen
Die Vernagthütte aus der Nähe
Auf der Vernagthütte inkl. Duschhinweis
Palatschinken auf der Vernagthütte
Zirbenschnaps auf der Vernagthütte
Zimmer mit Ausblick auf der Vernagthütte

Wir ließen uns auf dem Gipfel und am Abstieg Zeit. Erstens weil wir noch genügend Zeit hatten, und zweitens war der Weg abschnittsweise sehr rutschig/steil. Leider konnten wir auch Steinschlag beobachten. Ja, der Klimawandel ist auch hier oben zu spüren.
Es ging weiter bergab und nach einem erneuten kurzen Aufstieg (wie es immer so ist), erreichten wir die Vernagthütte (2.755m). Auf der Hütte galt wieder: Wanderschuhe aus, Hüttenschuhe an, anmelden, Quartier beziehen und duschen. Danach erst einmal gemütlich ausruhen (wir waren recht früh auf der Hütte) und den Tag Revue passieren lassen. Gleichzeitig war es unsere letzte Übernachtung auf einer Hütte bei dieser Tour. Nach einem sehr leckeren Essen ging es relativ früh ins Bett – vielleicht spürten wir doch die Anstrengungen der letzten Tage?!

Unser letzter Tag am/in den Bergen stand an. Auch hier wurde die ursprüngliche geplante Route etwas abgekürzt. Für uns ging es von der Vernagthütte zur Breslauer Hütte und von dort der Abstieg nach Vent. In der Nähe vom Weg von Hütte zu Hütte entdeckten wir diesmal etwas dickere Murmeltiere, die schon für den notwendigen Winterspeck sorgen. Die Breslauer Hütte nahmen wir noch mit, das Wilde Mannle nicht mehr. Ich war bereits mehrfach auf dem Gipfel und kannte somit quasi eh fast jeden Stein. Bis auf das letzte Stück, welches steil(er) bergab und dementsprechend die Knie belastet, ist die Strecke auch eine schöne Wanderung. Man ist immer oben und genießt die Aussicht auf die umliegenden 3000er.

Wegzeichen von der Vernagthütte zur Breslauer Hütte
Weg von der Vernagthütte zur Breslauer Hütte im Ötztal
Finde die Murmeltiere auf dem Weg von der Vernagthütte zur Breslauer Hütte
Genießen auf dem Weg von der Vernagthütte zur Breslauer Hütte
Wegstück von der Vernagthütte zur Breslauer Hütte
Die Breslauer Hütte von der Vernagthütte kommend
Blick in das Tal - Vent
Burger im See You in Obergurgl

Unten im Tal angekommen ging es nochmals für eine Nacht nach Obergurgl, um die Tour gemütlich ausklingen zu lassen. Und zudem mussten wir uns nicht stressen, um evtl. noch einen Zug zu erwischen. In Obergurgl kann ich Euch das „See You“ empfehlen. Uns hatten dort die Burger angelacht. Nach den eher einfachen Gerichten auf den Hütten, dann doch mal etwas anderes. Nicht falsch verstehen, das Essen auf den Hütten ist lecker, doch Burger oder ähnliches gibt es nicht.

Am nächsten Tag hieß es Abschied nehmen vom Ötztal und mit Bus und Bahn wieder nach Hause. Hier die Links zu den einzelnen Touren auf Komoot:

Die Übernachtungen auf den Hütten hatte ich vorher alle gebucht und zum Teil auch eine kleine Anzahlung geleistet. Zwar könnte man theoretisch auch auf Nachfrage und ohne Buchung übernachten, aber gerade in der Ferienzeit ist es schon ziemlich voll und das gehört auch nicht zum guten Ton, wenn es nicht sein muss. Wir hatten zudem immer gleich mit Halbpension gebucht. Auf der Similaunhütte ist sowieso nur HP möglich und auch auf den anderen Hütten die bessere Wahl, wenn Ihr nicht nur auf Euren Proviant zurückgreifen wollt. Außerdem hatten wir uns für Zimmer (statt Lager) entschieden und wir hatten hier auch Glück, dass wir – bis auf die Similaunhütte – immer alleine im Zimmer übernachten konnten. Ein wichtiges Utensil für mich sind Ohrenstöpsel für besseren Schlaf. Man weiß ja nie. Manche Zimmer sind sehr hellhörig oder man hat einen schnarchenden Zimmernachbarn. Ohrenstöpsel rein, Augen zu und schlafen ist mein Motto. Der Handyempfang ist auf den Hütten auch eher semi, aber manchmal noch besser als auf dem Land in Deutschland – das ist aber wieder ein anderes Thema. Kostentechnisch rechnete ich so um die 100 Euro pro Tag. Meistens ist es weniger, doch einen Puffer habe ich immer mit eingeplant. Erstens gibt es keinen Geldautomaten oder so etwas in der Art, zweitens akzeptieren die Hütten nur Bargeld und drittens weiß man nie, wie der Hüttenabend endet. Bestimmt geht es auch mit weniger Cash, doch für mich ist es eine grobe Hausnummer.

Ausstattung/Ausrüstung

Bei Gesprächen vor und nach so einer Tour werde ich immer wieder gefragt „was hast du eigentlich alles an Gepäck dabei?“ Mein Rucksack wog inkl. Verpflegung (Essen und Trinken) knapp über 13kg. Auf der Waage waren sogar noch die Stöcke angeschnallt. Mit dabei habe ich einen dünnen Schlafsack. Diesen braucht man auf den Hütten. Dort gibt es meistens zusätzliche Decken, so dass es nicht zu kalt wird. Dann nehme ich immer Badeschlappen mit. Oft werden oben Hüttenschuhe bereitgestellt, aber hier sind mir meine eigenen lieber. Regenschutz und eine warme (Sport-)Jacke dürfen natürlich nicht fehlen. Je nach Wetter und Höhe auch eine leichte Daunenjacke, Handschuhe und Mütze. Auch wenn es im Tal an die 30 Grad warm ist, kann es gerade in Gletschernähe und/oder am frühen Morgen doch recht frisch sein. Wir hatten beispielsweise morgens um die 5 Grad.
An Kleidung hatte ich vier T-Shirts aus Merinowolle und Sportunterwäsche (beides von icebreaker) dabei. Bei den Shirts wäre ich vielleicht auch nur mit zwei ausgekommen – muss ich das nächste Mal ausprobieren. Da ich persönlich schnell am Rücken (Rucksack) schwitze, liegt meine Prio auf Shirts mit guter Saugkraft, die gleichzeitig schnell trocknen und den Geruch absorbieren. Hier bin ich wirklich begeistert von meinen icebreaker-Shirts. Des Weiteren eine kurze Hose, eine lange Wanderhose und Wandersocken (ebenfalls aus Merinowolle). Dazu kommen noch Zahnbürste und -pasta, Deo, Handtuch (Mikrofaser), eine Nagelschere und ein kleines Reisewaschmittel (für den Notfall). Und „Kleinkram“ wie Rettungsdecke, Erste-Hilfe-Set, Isolierband, Ersatzschnürsenkel, persönliche Medikamente, Stirnlampe (mit geladenem Akku), Powerbank und verschiedene Ladekabel. Bei so einer Tour sind es ca. 2,5 Liter an Getränken und gefühlt hatte ich diesmal zu viel Essen (Müsliriegel/Naschsachen/Knäckebrot) mit dabei. Einiges ging wieder mit zurück nach Hause. Traubenzucker und Bonbons für den schnellen Zuckernachschub habe ich sowieso immer griffbereit. Aus Erfahrung wird man klug. Das gilt auch für die Sonnencreme. Je höher der Lichtschutzfaktor, desto besser. Und, egal ob bewölkt oder Sonnenschein – es wird sich eingecremt. Und zwar an allen Stellen, die auch nur für kurze Zeit der Sonne ausgesetzt sind. Selbstverständlich sind mit dabei Kopftücher (eines als Ersatz) als zusätzlichen Sonnenschutz und meine Wanderstöcke aus Carbon. Soweit ich mich erinnern kann, dürfte das alles gewesen sein.

Auf jeden Fall war es eine geniale Tour, die nach einer Wiederholung schreit! Vielleicht im Jahr 2023 und vielleicht auch mit ein paar höheren Gipfeln. Sag niemals nie! Und wie sagte Hans Kammerlander so schön: „Ein Gipfel gehört dir erst, wenn du wieder unten bist – denn vorher gehörst du ihm.“ In diesem Sinne.

Rund um den Hochvogel – unterwegs durch die Allgäuer Alpen (Teil 3)

12. November 2019 | Keine Kommentare | Schlagwörter: , , , ,

„Was kann man noch so rund um den Grenzgänger bzw. Hochvogel unternehmen?“ war unsere Überlegung nach dem Abstieg vom Weitwanderweg. Der ursprüngliche Plan war ja, am Folgetag vom Prinz-Luitpold-Haus nach Hinterhornbach (in Österreich) zu laufen und dort im Gasthof Hochvogel zu übernachten. Da wir nach Etappe 3 des Grenzgängers aber wieder in Hinterstein angekommen waren, mussten wir also zu Plan B umswitchen. Statt zu Fuß ging es nun halt einfach per Auto „rüber“. Also nicht der direkte Weg, sondern auf der Straße. Versteht sich aber von selbst. ;)

Hinterhornbach ist, ähnlich wie Hinterstein, ein kleines Bergdorf im Hornbachtal, dem einzigen bewohnten Seitental auf der linken Seite des Lechtals und Teil der Naturparkregion Tiroler Lechtal. Eine herrlich ruhige und naturbelassene Gegend. Hinterhornbach nennt sich selbst „Auszeitdorf“ und man kann hier bestimmt wunderbar abschalten und entspannen.
Gleichzeitig ist das Dorf auf 1101 Metern Höhe umgeben von Berggipfeln und Ausgangspunkt für zahlreiche Wanderungen. Nachdem wir im Lauf des Vormittags dort ankamen, entschieden wir uns noch für eine kleine Wanderung auf die Petersbergalm. Denn ganz ohne wandern geht es dann doch nicht. Die Petersbergalm ist ein bekanntes Ausflugsziel in der Gegend und von Hinterhornbach aus in ca. eineinhalb Stunden zu erreichen. Zudem verläuft die Strecke immer schön am Hornbach entlang, mit Wasserfall, hübschen Buchten, Wald und Wiese.

Auf der Alm selbst war es relativ voll – wir hatten gar nicht daran gedacht, dass es ein Feiertag war. Aber vor Ort ist ausreichend Platz. Die Alm hat eigene Milchwirtschaft und somit konnten wir es uns nicht nehmen lassen, den Käsekuchen und ein Glas Milch zu versuchen. Persönlich würde ich sagen, dass es zur Petersbergalm eher ein Spaziergang ist. Und somit ist diese kleine Wanderung auch locker für Familien oder ältere Naturliebhaber zu meistern. Landschaftlich sehr zu empfehlen! Und über das Essen brauchen wir uns eh nicht mehr unterhalten – „a draum“!

Apropos Speis und Trank. Wenn Ihr in Hinterhornbach seid, dann solltet Ihr unbedingt auch im Gasthof Hochvogel zu Abend essen. Dies wäre auch ohne Übernachtung in der Familienpension möglich, um rechtzeitige Info wird allerdings gebeten.
Küchenchef Jürgen zaubert mit Produkten aus der Region tolle Gerichte, die auf der einen Seite heimatverbunden, gleichzeitig aber modern und mit Pfiff sind. Am Abend gibt es ein 4-Gänge-Menü (man hat die Auswahl zwischen mehreren Varianten, von denen mindestens eine vegetarisch ist). Mich fasziniert ja immer ein kleiner Einblick in die Küche, so verarbeitet Jürgen z.B. Wild aus der Gegend rund um Hinterhornbach, man sieht ihn im Garten eigene Kräuter schnippeln und überhaupt legt er viel Wert auf Frische, Saisonalität und sorgfältige Verarbeitung. Einer, der sein Handwerk versteht und mit Leidenschaft ausübt. Das schmeckt man auch!
In der Stube des Gasthofs ist es urgemütlich, und genauso sind die Zimmer, die nach und nach renoviert wurden. Ein paar Tage Auszeit stelle ich mir hier auch im Winter klasse vor! Und ganz bestimmt ein Highlight, wenn man von Etappe 4 des Grenzgängers (die erwähnte Route von Prinz-Luitpold-Haus nach Hinterhornbach) in diesem gemütlichen Gasthof landet!

Da der Wiedereinstieg auf den Grenzgänger für uns nicht in Frage kam, planten wir für den letzten Tag unserer Tour eine alternative Wanderung. Den Hochvogel selbst zu begehen, hatten wir sowieso nicht vorgesehen, obwohl es eine der schönsten Routen in den Allgäuer Alpen sein soll. Im Blick hatten wir ihn die vergangenen Tage immer wieder, aber er ist nur wirklich geübten Bergsteigern zu empfehlen und Jacky ist in den Bergen doch lieber Team „Wanderer“ als Team „Bergsteiger“. Auf der Route des Grenzgängers ist der Gipfel eine mögliche Option, aber kein Muss. Der ursprüngliche Weg von Hinterhornbach auf den 2592m hohen Hausberg ist dauerhaft gesperrt, denn vorhandene Felsspalten weiten sich aus und es ist früher oder später mit einem Felssturz zu rechnen. Auf der alternativen Route über den Kalten Winkel kann man den Gipfel in 4-5 Stunden von Hinterhornbach aus erreichen.

Wir peilten als Tageswanderung die Jochbachrunde an. Diese mussten wir allerdings abbrechen, weil der „Vorderer Steg“ fehlte, wahrscheinlich aufgrund eines Erdrutsches. Und der Weg überhaupt ziemlich matschig war. Kein Thema, dann entschieden wir uns für die „Bärenbadrunde“. Auch eine kleine Rundtour um Hinterhornbach mit Blick auf die umliegenden Berge und ins Tal. Nach ca. 3 Stunden gemütlichen Gehens und die Natur genießen, kamen wir wieder in Hinterhornbach an. Einige der Wege rund um Hinterhornbach wurden zu früheren Zeiten übrigens als Schmugglerpfade ins benachbarte Deutschland benutzt, heute jedoch begegnete uns keine Menschenseele.

Für den Abschluss hatten wir noch eine Nacht eigentlich „zum Erholen“ bei Franz in der nun schon mehrfach erwähnten Pension Hochvogel in Hinterstein angepeilt, wo wir nun, statt ursprünglich geplant im Anschluss an Etappe 5, wieder direkt vom Hornbachtal hingefahren sind.
Aus Hinterstein, unserem Ausgangspunkt, habe ich zum Schluss noch einen Essenstipp für Euch, dieser nennt sich Prinze Gumpe. Ein hübscher Natur-Badeteich, der von den Hintersteinern komplett neu angelegt wurde und nun sowohl Abkühlung im Sommer als auch überraschend leckeres Essen parat hat.

Hier schließt sich dann auch der Kreis. Unsere Grenz-Erfahrungen am Grenzgänger. Auf diesem und aus der Umgebung, von der wir natürlich nur einen ganz kleinen Teil entdecken konnten.
Die restlichen 2 Etappen stehen noch auf unserem Plan. Das nächste Mal bitte mit richtig genialem Wetter und der ein oder anderen zusätzlich gesicherten Stelle.

Fazit zum Grenzgänger: Ein wunderschöner, anspruchsvoller Weitwanderweg mit fantastischen Ausblicken und abwechslungsreichen Landschaften. Ein Muss für jeden Bergfan, aber man sollte schon geübter Bergwanderer sein und ausreichend Trittsicherheit mitbringen.

Ein dickes Dankeschön geht auch an das ganze Team vom Grenzgänger, die dieses Erlebnis überhaupt erst ermöglicht haben.

Grenzerfahrungen auf dem Grenzgänger – unterwegs durch die Allgäuer Alpen (Teil 2)

29. Oktober 2019 | Ein Kommentar | Schlagwörter: , , , ,

Weiter ging es auf dem Grenzgänger, immer entlang der Deutsch-Österreichischen Grenze, die man auf der Route mindestens einmal pro Tag überquert. Und je nach Etappe sogar mehrmals.
Nach der Übernachtung auf der urigen Willersalpe ging es früh auf zur Etappe 2 des Grenzgängers. Diese begann mit einem Aufstieg 600 Höhenmeter rauf auf das Geißeckjoch, von wo man eine herrliche Aussicht genießen kann.

Gut gelaunt liefen wir auf dem schmalen Pfad entlang und stoppten zwischendurch, um eine Herde Gämse zu beobachten. Bzw. EINE wäre untertrieben. Es waren mindestens drei entlang der Strecke zu sehen und zusätzlich noch ein paar vereinzelte Tier. In meinem bisherigen „Bergleben“ (und das ist schon eine gewisse Weile) habe ich sehr selten so viele Gämse auf einem Fleck bzw. einer Ecke gesehen. Also ein ideales Gebiet für diejenigen unter Euch, die gerne Tiere beobachten. Apropos Gams: Während wir im Lauf des Tages vor uns hin wanderten und (mal wieder) ein Joch überquerten, ging ich voraus. Und als ich um die nächste Kurve bog, stand ca. fünf Meter von mir entfernt eine ausgewachsene Gams, fauchte mich an und wir starrten uns in die Augen. Dies allerdings nur kurz, denn so schnell wie sie da war, war sie auch wieder weg. Was haben wir uns erschrocken – also die Gams sich und ich mich. Bis zu diesem Zeitpunkt wusste ich überhaupt nicht, dass Gämse fauchen können. Auf dem Grenzgänger lernt man auch als alter „Berghase“ noch etwas dazu!
Oben am Geißeckjoch überquerten wir zum ersten Mal die Grenze. Und trafen vor Ort einen Trupp Gebirgssanitäter, die zur Übung unterwegs waren. „Dann sind wir im Notfall ja in guten Händen und werden nach unten getragen“ war mein spaßig gemeinter Smalltalk. Der allerdings nicht so gut ankam – und überhaupt waren wir dafür schließlich nicht hoch genug (getragen wird erst ab einer Hubschrauber-untauglichen Höhe!). Ok, ok, als der Leiter des Trupps aber meine DAV-Nadel zur 25jährigen Mitgliedschaft sah, war das Eis wenigstens etwas (an)gebrochen.

Vom Geißeckjoch ging es bergab an der vorderen Schafwanne, mit dem wunderbar grün-türkisen Vilsalpsee im Blick. Unser Tagesziel war die Landsberger Hütte. Lässige 6 Stunden Gehzeit und ein paar Höhenmeter. Vorbei am Rauhhorn über das nächste Joch näherten wir uns dem Schrecksee. Bisher hielt das Wetter, doch kurz vor dem Schrecksee schlug es um. Wir hatten Glück und konnten noch einen kurzen Blick auf einen der bekanntesten Seen der Gegend erhaschen, bevor er ganz im Nebel verschwand. Wir legten einen Zahn zu, um auf jeden Fall sicher ans Ziel kommen. Aufgrund des Regens am Vortag war der Weg sehr matschig. Was will man machen – da muss man durch! Über das nächste Joch drüber sah es aber wettertechnisch schon wieder besser aus. Die Wolken verabschiedeten sich in etwas höhere Gefilde. Was auch besser war, denn an einigen Stellen ist unbedingt Trittsicherheit angebracht. Und an ein, zwei Stellen fehlt (meiner Meinung nach) noch eine Hilfe (also ein Stück Drahtseil oder Eisenstufen). Aber das kommt sicher noch, denn der Wegebau am Grenzgänger ist noch nicht abgeschlossen und wird in der nächsten Zeit stetig erweitert.

Kurz vor dem letzten Etappenstück setzte wieder leichter Regen ein und wir kamen somit etwas nass an der Landsberger Hütte an. Laut Wegbeschreibung sollte man die DAV-Hütte schon ein ganzes Stück vorab im Blick haben, bei uns waren die Wolken so dicht, dass wir sie erst im letzten Moment erblicken konnten. Auf der Landsberger Hütte herrscht im Gegensatz zur Willersalpe sehr reger Betrieb. Sie hat insgesamt 170 Matratzenlager und 30 Betten zu bieten. Bei unserer Ankunft war die Hütte sehr gut besucht, was man im Trockenraum deutlich zu spüren bekam. (ich sage nur: Der Tod von Forchheim ist nichts dagegen!). Wie es halt so ist, wenn ein Haufen Wanderer nach einem langen Tag die dampfigen Schuhe auszieht…
Das Essen auf der Hütte ist trotz der benötigten Mengen super und abends gibt es sogar für 30 Minuten Wlan auf über 1800 Metern. Von jetzt auf gleich herrscht eine Stille in der ganzen Hütte, dass man sich zunächst ganz schön wundert, wenn man nicht ahnt, warum. So schnell schaut man nicht und keiner spricht mehr. Nach 30min geht das Gebrabbel aber sofort wieder los. ;)

Von unserem Zimmer aus hatte man einen Wahnsinnsausblick – wie Ihr sehen könnt – der sich nach dem Aufwachen auch bei schönstem Wetter zeigte. Unser Zimmer war voll belegt und beim Ins-Bett-Gehen wunderte ich mich etwas über den leichten Kuhstallgeruch. Was aber, wie uns am nächsten Morgen einfiel, wohl an uns lag bzw. unseren Hüttenschlafsäcken, die auf der Willersalpe etwas Geruch angenommen hatten. Es gibt Schlimmeres, wir waren früh beim Frühstück und dann ging es auf zu Etappe 3!

Mit einer angegebenen Dauer von ca. 6 Stunden geht Etappe 3 entlang des Jubiläumswegs zum Prinz-Luitpold-Haus. Wir gingen zunächst ein kleines Stück von Etappe 2 zurück, bogen dann aber am Westlichen Lachenjoch nach links ab. Kleine Empfehlung am Rande: Immer die Umgebung im Auge behalten, denn es könnten sich hier Murmeltiere tummeln. Wir hatten Glück und haben einige der kleinen Bergnager zu Gesicht bekommen. Kurz nach dem Abzweig gab es ein etwas schwierigeres Stück mit Drahtseil, danach schlängelte sich der Weg immer leicht bergauf und bergab, vorbei an schönen Berghängen. Und immer wieder mit dem Hochvogel im Blick. Alles in allem sehr schön zu laufen, mit der ein oder anderen anspruchsvolleren Ecke. Unterwegs trafen wir auch die Jungs vom „Sicherungstrupp“, die gerade ein Gatter anbrachten (und da es noch nicht fertig war, zum Glück keinen Zoll kassieren wollten – kleine Scherze am Rande).
Auf dem Jubiläumsweg waren übrigens ein paar mehr Wanderer unterwegs, als am Vortag. Viele liefen die umgekehrte Richtung vom Prinz-Luitpold-Haus in Richtung Schrecksee und trotzdem hat man über längere Stücke herrlich seine Ruhe.
Kurz vor der Lärchwand, nachdem wir einen Großteil der 3. Etappe schon geschafft hatten, trafen wir den Sicherungstrupp wieder.

Auf den Bildern sieht der Einstieg in die Lärchwand relativ harmlos aus, von weiter weg auch noch. Aber sowohl entgegenkommende Wanderer als auch die Einheimischen erzählten vom doch ziemlich anspruchsvollen Schwierigkeitsgrad. Je näher man kam, desto mehr Drahtseil, ausgesetzte Stellen und Abhang wurden sichtbar. Für mich kein Problem, aber da Jacky sich nicht ganz wohl bei der Sache fühlte und ich nichts riskieren wollte, entschieden wir uns für den Abstieg zum Giebelhaus, an dem wir kurz vorher vorbeigekommen waren.
Der Abstieg erfolgte über Weiden und vorbei an grasenden Kühen. Die übrigens keine Anstalten machten, aus dem Weg zu gehen. Also machten wir den ein oder anderen Bogen. Am Giebelhaus angekommen, erwischten wir gerade noch den Tälerbus zurück Richtung Hinterstein und wir konnten uns nach der ohnehin schon verlängerten Etappe ein paar Kilometer sparen. In Hinterstein hatten wir ein zweites Mal Glück und bekamen spontan noch das letzte Zimmer in der schönen Pension Hochvogel.

In meinem Leben war ich schon auf einigen Gipfeln. Ob leicht, mittel, schwer – oft kein Problem. Aber nicht immer gelang es mir, dort anzukommen, wo es ursprünglich geplant war. In jungen Jahren fuchste es mich ungemein, doch mit genügend Abstand weiß ich, dass es manchmal besser ist, umzudrehen. Sobald sich jemand unsicher fühlt, siegt die Vernunft. Punkt! Es kann das Wetter sein, die Höhenkrankheit, Unsicherheit oder was auch immer – das ist alles kein Problem. Lieber rechtzeitig umdrehen, als auf die Bergwacht angewiesen zu sein oder Schlimmeres. Das war, ist und sollte immer die Regel sein! Das ist übrigens auch kein Zeichen von Schwäche, ganz im Gegenteil. Echte Bergsteiger wissen, wovon ich rede.
Trotzdem waren wir an diesem Abend etwas geknickt, dass wir nicht im Prinz-Luitpold-Haus angekommen sind. Aber die Vernunft siegte. Auch nicht schlecht, denn so ließen wir den Abend mit einem guten Essen ausklingen und schmiedeten Pläne für den nächsten Tag.

Ein dickes Dankeschön geht auch an das ganze Team vom Grenzgänger, die dieses Erlebnis überhaupt erst ermöglicht haben.

Grenzerfahrungen auf dem Grenzgänger – unterwegs durch die Allgäuer Alpen (Teil 1)

16. Oktober 2019 | Keine Kommentare | Schlagwörter: , , , ,

Der Sommer stand bei mir ganz im Zeichen von Bergen, Wandern und Bergsteigen. Und das immer – wenn möglich – in Verbindung mit Genuss und dem ein oder anderen „Blick hinter die Kulissen“. Vielleicht hat es manch einer von Euch schon geahnt, wohin mich eines meiner Sommerhighlights führte. Denn es wurden (wieder) Grenzen überquert. Was ich in den Karawanken beim Panoramaweg Südalpen, der ja entlang der Grenze zwischen Österreich und Slowenien verläuft,  schon mal angedeutet hatte. Vor ein paar Wochen ging es also auf zum „Grenzgänger“.

Doch was ist der „Grenzgänger“ überhaupt?

„Beim »Grenzgänger« handelt es sich um eine Mehrtagestour inmitten der Allgäuer Alpen. Das Herzstück ist die ständige Überschreitung der österreichischen und deutschen Grenze zwischen Tannheimer Tal, Hintersteiner Tal und dem Lechtal.“

So die Einleitung. Berge, Wandern, herrliche Landschaft und Anstrengungen sind nie verkehrt! Die Vorfreude stieg. Der Rucksack wurde für sämtliche Gegebenheiten gepackt, aber natürlich alles in weitwanderwegtauglichem Umfang. An dieser Stelle sei gesagt, dass es noch einen eigenständigen Blogpost zu Material/Ausrüstung und Verpflegung geben wird.

Beim „Grenzgänger“ handelt es sich um ein grenzüberschreitendes Projekt, welches von der Europäischen Union gefördert wird. Wir begannen unsere Tour von der Pension Hochvogel in Hinterstein aus. Hinterstein ist ein kleines Bergsteigerdörfchen und Ortsteil von Bad Hindelang, das vielleicht dem ein oder anderen ein Begriff ist. Es ist Ausgangspunkt für zahlreiche Wanderungen und somit auch Startpunkt für unsere Tour.  
Nach unserer Ankunft konnten wir allerdings noch in Ruhe die Gegend erkunden und den super Service der Familie Hölzl genießen. Sehr gemütliche Zimmer und ein superleckeres Frühstück – am besten einfach einmal durch die zahlreichen selbstgemachten Marmeladen probieren oder den selbstgemachten Schinken genießen – sehr zu empfehlen! Ganz unkompliziert gibt es auch eine Kaffee- und Getränkeecke, in der sogar täglich frischer Kuchen zur Verfügung steht. Die Pension Hochvogel spielt später (für uns) noch eine wichtige Rolle, doch erst einmal ein paar Daten und Fakten zum Projekt Grenzgänger und unserer Route:

Für die Statistiker unter uns: Der Grenzgänger umfasst ca. 80 km, über 6000 Höhenmeter und eine reine Gehzeit von ca. 37 Stunden. Da dies an einem Tag etwas schwierig ist, versteht sich von selbst und deshalb sind insgesamt sechs Etappen angesetzt. Wer jetzt denkt „hey, ist doch easy“ … nicht vergessen, wir sprechen hier von Gebirge: Trittsicherheit bzw. Schwindelfreiheit sollten auf jeden Fall vorhanden sein, der Grenzgänger ist schon als anspruchsvoll einzuordnen. Wenn Du also Geröllfelder, ausgesetzte Grate und steile Flanken magst, dann bist Du hier genau richtig. Und die richtige Ausrüstung versteht sich dabei natürlich von selbst.

Auf unserem Plan standen fünf der sechs Etappen, die wir in einer schönen Schleife laufen wollten. Übernachtet wird dabei auf verschiedenen Hütten oberhalb der Waldgrenze, die wir sicherheitshalber im Vorfeld reservierten. Das empfehle ich gerade zur Hauptsaison jedem, aber bitte sagt Bescheid, wenn ihr doch nicht kommen könnt. Es kann schließlich immer etwas dazwischenkommen, keine Frage.

Unsere geplanten fünf Etappen sahen so aus:

Etappe 1 – Bschießer, Ponten, Zirleseck & Willersalpe
Länge: 8,5 km
Höhe: ↑ 1.062 hm ↓ 699 hm
Dauer: 5:00 h

Etappe 2 – Geißeckjoch, Schrecksee & Landsberger Hütte
Länge: 11,5 km
Höhe: ↑ 1.007 hm ↓ 672 hm
Dauer: 6:00 h

Etappe 3 – Über den Jubiläumsweg zum Prinz-Luitpold-Haus
Länge: 12,3 km
Höhe: ↑ 724 hm ↓ 681 hm
Dauer: 6:00 h

Etappe 4 – Himmelecksattel, Hornbachjoch & Hinterhornbach
Länge: 15,4 km
Höhe: ↑ 928 hm ↓ 1.670 hm
Dauer: 7:30 h

Etappe 5 – Hinterhornbach, Hochvogel & Hintersteiner Tal
Länge: 13,8 km
Höhe: ↑ 1.275 hm ↓ 1.317 hm
Dauer: 7:30 h

Neben der Planung von Etappen, Übernachtungen, Gepäck und sonstigen Vorbereitungen hatten wir auch ein bisschen trainiert und sind immer wieder mal mit Gepäck gewandert. Egal, ob Tagestour oder auch mal zwei, drei Tage hintereinander mit voller Ausrüstung – Füße, Beine und Schultern wussten Bescheid, was auf sie zu kommt.
Was man aber unbedingt beachten muss, wenn man in die Berge möchte, ist der Wetterbericht. Der bei uns durchaus hätte besser ausfallen können. Aber wir wissen ja, dass sich das Wetter in den Alpen schnell ändern kann. Und Regenkleidung war sowieso im Rucksack.

Da für Tag 1 unserer Wanderung allerdings ab mittags komplett Dauerregen angesagt war, entschieden wir uns, das kurze Wetterfenster (klingt fast wie am Himalaya) zu nutzen und uns auf den direkten Weg zur Willersalpe zu machen. Also ohne die beiden Gipfel Bschießer und Ponten, dafür aber mit dem Aussichtspunkt Köpfle und dem Wildfräuleinstein.  

Auf den letzten Metern zur Willersalpe wurden wir dann doch noch nass, was aber nicht auf die Stimmung drückte. Diese wurde übrigens im Laufe des Abends noch viel besser.
Nachdem wir uns aus den Regensachen gepellt und gestärkt hatten, wurde das Quartier, genauer gesagt das Matratzenlager, bezogen. Zimmer sind dort nämlich nicht vorhanden. Und auch sonst ist die Willersalpe sehr rustikal eingerichtet. Für diejenigen, die noch nie auf einer Hütte übernachtet haben: In der Regel gibt es Mehrbettzimmer und Matratzenlager. Im Matratzenlager hat man mehrere Matratzen nebeneinander und auch schon mal eine wildfremde Person neben sich. Was einem nach einer anstrengenden Bergtour aber völlig egal ist, man krabbelt in seinen Hüttenschlafsack, steckt sich eventuell ein paar Ohrstöpsel in die Ohren und schläft wie ein Stein.
Zurück zur urigen Willersalpe: Bitte unbedingt den dortigen Bergkäse probieren! Diesen stellt Hüttenwirt Markus nämlich selbst her. Seine ca. 20 Kühe und 70-80 Tiere Jungvieh geben genug Milch, um daraus täglich einen Laib Bergkäse zu produzieren. Übrigens ist die Willersalpe ca. 400 Jahre alt und wurde bis vor ein paar Jahren noch mit Pferden beliefert. Ach, Elektrizität ist auch nur sporadisch vorhanden. Bzw. nur in den notwendigen Ecken, wie Küche, Waschraum usw.

Der weitere Nachmittag verlief gemütlich: Draußen regnete es, drinnen saßen wir beisammen, quasselten und genossen die Ruhe. Einfach aus dem Fenster schauen, nachdenken und die Natur genießen. Für einen kurzen Augenblick klarte es sogar nochmal auf und wir drehten eine Runde um die Hütte. Ähnlich unseren Bleiben in Italien (Stichwort Agriturismo) gab es auf der Alpe ein Abendessen für alle, in unserem Fall leckere Spaghetti Carbonara. Wir kamen mit Sarah und Philip ins Gespräch und der Abend endete mit einer lustigen Kniffelrunde. Schnell kristallisierte sich unsere Hüttenregel heraus: Kniffel gewürfelt = Marillenschnaps. An dieser Stelle ein „Prost“ an die beiden! Nach einer sehr guten Nacht – so gut habe ich selten auf einer Hütte geschlafen – wurden wir früh von Getrampel geweckt, es waren die Kühe unter uns, die früh zum Melken hereinkamen. Das Matratzenlager befindet sich nämlich direkt über dem Kuhstall. Kein Problem, denn es wartete sowieso die nächste und erste „richtige“ Grenzgänger-Etappe auf uns. Zudem klarte es auf und laut Wetterbericht sollte es erst wieder nachmittags regnen. Also früh los zu Etappe Nummer zwei…

Ein dickes Dankeschön geht auch an das ganze Team vom Grenzgänger, die dieses Erlebnis überhaupt erst ermöglicht haben.

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