Quietscheente Richter

Freunde, Bekannte und eifrige Besucher meiner Social Media Kanäle haben es bereits mitbekommen. Seit dem 01. Januar 2019 bekleide ich das Amt eines ehrenamtlichen Richters – auch „Schöffe“ genannt. Zu Beginn kamen bereits ein paar Fragen dazu auf, doch nach meiner ersten Verhandlung vorgestern blieb mein Smartphone nicht mehr still, es hagelte regelrecht Fragen. „Was machst Du da?“ „Wie kommst Du dazu?“ „Was muss man da tun?“ oder „Wie war die erste Verhandlung?“ Von daher dachte ich, ich fasse hier mal ein paar Punkte zusammen und wenn noch weitere Fragen sind, könnt Ihr sie gerne in den Kommentaren stellen.

Schöffen sind ehrenamtliche Richter und damit wichtiger Teil des demokratischen Rechtsstaats. Aber fangen wir mal vorne an. Wie kommt man überhaupt dazu? Kurz und knapp gesagt: Eine formlose Bewerbung reicht aus. Aber natürlich nur während der Bewerbungsphase. Diese findet alle 5 Jahre statt, so lange ist ein Schöffe normalerweise auch im Amt. Anfang 2018 war es wieder soweit und es wurden Schöffen in Stadt und Landkreis gesucht, was ich zufällig gelesen habe. Irgendwie fand ich das interessant, hab mir ein paar Gedanken gemacht und eine Bewerbung abgeschickt. Gewünscht ist möglichst ein Querschnitt durch alle Berufsgruppen, das polizeiliche Führungszeugnis sollte frei von Einträgen sein und das Alter zwischen 25 und 70. Man kann auf der anderen Seite aber auch einfach berufen werden, wenn sich nicht genug Bewerber finden, und hat dann nur wenig Möglichkeiten, dieses Amt abzulehnen.

Im Herbst kam ein Schreiben vom Gericht „Sie wurden für die Amtsperiode 2019-2023 zum Hauptschöffen am Landgericht gewählt.“ Und schon ist man Schöffe für die nächsten fünf Jahre und kann es mit den alten Römern halten: Daumen hoch oder doch lieber Daumen runter? So einfach ist es natürlich nicht! Schließlich ist die Verantwortung nicht ohne, man entscheidet immerhin in so manchem Fall über die Zukunft einer Person und sollte nach bestem Wissen und Gewissen abwägen, wofür man stimmt. Je nach Fall „sperrt“ man einen Angeklagten auf lange Zeit weg. Bei der kleinen Strafkammer wird das Urteil immer zu dritt gefällt, ein hauptamtlicher Richter und zwei Schöffen, wobei die Schöffen dem Richter gleichgestellt sind.

Die Verhandlungstermine für ein Jahr bekommt man zu Beginn eines (Geschäfts-)jahres – bei mir schon Ende Dezember 2018 – mitgeteilt. So kann man sie gleich einplanen.
Kurz vor der eigentlichen Verhandlung erhält man vom Gericht noch eine „Ladung“ als Schöffe und damit ist der Termin fix. Ein Erscheinen ist Pflicht. Auch das ist verständlich, denn ein Prozess (kann) sehr hohe Kosten verursachen. Und müsste bei einem Fernbleiben neu angesetzt werden. Die allgemeinen Fragen zum Schöffenamt sind hier (PDF) gut erklärt. Vor der allerersten Verhandlung gibt es zudem eine Einführungsveranstaltung, in der alles genau erläutert wird und man all seine Fragen loswerden kann.

„Meine“ erste Verhandlung rückte näher und ich würde lügen, wenn ich sagen würde, dass ich nicht etwas aufgeregt war. Rechtzeitig vor Ort sein und es hieß warten, bis der Richter und der zweite Schöffe eintrafen. Die Sitzung war öffentlich und es handelte sich um einen Betrugsfall. Mehr weiß man als Schöffe zu diesem Zeitpunkt noch nicht. Erst im Beratungszimmer werden die Schöffen vom Richter über den Fall aufgeklärt. In meinem Fall gab es in erster Instanz bereits ein Urteil. Allerdings wurde seitens der Verteidigung und Staatsanwaltschaft Berufung eingelegt. Bevor es dann aber im Gerichtssaal los ging, stand noch unsere Vereidigung an. Selbstverständlich ist der Eid auch Pflicht:

„Ich schwöre, die Pflichten eines ehrenamtlichen Richters/einer ehrenamtlichen Richterin getreu dem Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland, getreu der Verfassung des Freistaates Bayern und getreu dem Gesetz zu erfüllen, nach bestem Wissen und Gewissen ohne Ansehen der Person zu urteilen und nur der Wahrheit und Gerechtigkeit zu dienen, so wahr mir Gott helfe.“

Dieser wird gleich zu Beginn gesprochen und gilt dann für die gesamte Amtsperiode. Nun aber: los geht’s! Alle nehmen Platz und die Verhandlung beginnt. Selbstverständlich ist man zur Verschwiegenheit verpflichtet, was die Abstimmung angeht. Der Prozess selbst war öffentlich, man konnte also als Zuschauer teilnehmen. Einen Besuch im Gerichtssaal kann ich nur jedem empfehlen, der sich ein bisschen dafür interessiert. Also nicht auf der Anklagebank (versteht sich ja von selbst). 😉

Noch etwas zum Schluss: Am liebsten hätte ich ja das volle Programm gehabt, inklusive Robe, Perücke und Hämmerchen. Habe es aber dann doch lieber sein lassen. Nein, Scherz, die Robe ist eine Amtstracht und bleibt selbstverständlich den Richtern und Anwälten vorbehalten.

Da man im Schnitt einmal im Monat für einen Verhandlungstag eingeteilt ist, dauert es nicht mehr lange, bis zum nächsten Einsatz. Ich bin gespannt!

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4 Responses

  1. Hi!

    Ich war die letzten fünf Jahre Schöffe. Leider war ich nur Hilfsschöffe und nicht soo oft im Einsatz. Trotzdem durchaus kuriose Dinge gesehen und gehört.

    Ich war aber jetzt auch froh, dass meine Amtszeit abgelaufen war, plane aber auch mich nochmal zu bewerben in 5 oder 10 Jahren.

    Ich wünsche Dir viel Spass. Ich hatte immer einiges zu erzählen und fand diesen Einblick in die Gerichtswelt aber auch andere Gesellschaftliche Gruppen sehr spannend und lehrreich.
    Gruß
    Christian

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