Aussicht auf Miltenberg von der Mildenburg aus - Churfranken

Wie die Zeit vergeht! So ist es nun schon drei Jahre her, dass ich in Churfranken gewesen bin. Auch wenn ich in der Nähe aufwuchs, ist die Region doch noch einmal anders als meine Heimat – landschaftlich gesehen wird die Umgebung vom roten Mainsandstein geprägt und der Main schlängelt sich hier gemütlich entlang. Auf der einen Seite liegt der Spessart, auf der anderen der Odenwald. Und wenn man zurück ins Mittelalter blickt, weiß man, dass Flüsse und Mittelgebirgshänge sich ideal für Burgen, Schlösser, Wehrkirchen, Klöster, Ringwallanlagen usw. eigneten. Das gilt natürlich genauso im schönen Churfranken. Entsprechend gibt es hier einiges zu entdecken!

Da wäre zum Beispiel die Gotthardsruine zwischen Amorbach und Weilbach. Diese liegt ca. 1 Kilometer oberhalb von Amorbach und ist ideal zu Fuß zu erreichen. Es dürften so maximal 3km vom Ort aus sein und der Weg ist gut ausgeschildert. Sobald man oben auf dem Gotthard (so nennt sich der Berg) ankommt, sieht man bereits die große romanische Kirche. Früher hieß der Berg übrigens „Frankenberg“ und hat eine lange Geschichte hinter sich. Bereits im 8. Jahrhundert soll dort eine Burg gestanden haben. Später, ca. im 12. Jahrhundert, wurde dann ein Benediktinerkloster errichtet. Wie üblich änderten sich die Besitzansprüche immer wieder und ein paar Kriege (Bauernkriege) kamen auch noch dazwischen. So war es nun mal damals. Im Laufe der Zeit kam ein Turm hinzu, der einen schönen Überblick über die verschiedenen Täler bietet. Insgesamt sind es sieben, daher wird es auch der „7-Täler-Blick“ genannt. 1956 erhielt die Kirche ein neues Dach (das vorherige wurde durch einen Blitzeinschlag vernichtet) und im Grunde hat sich seither nicht mehr viel geändert.

Ein imposantes Bauwerk, wenn man bedenkt, dass es schon ein paar Jahrhunderte an diesem Platz steht. Und noch dazu das ganze Material erst hin transportiert werden musste. Aktuell finden vor Ort archäologische Ausgrabungen statt. Bereits in der Vergangenheit wurden solche Grabungen durchgeführt und so manches Interessante kam zum Vorschein. Die Ausgrabungen werden von ehrenamtlichen Helfern (unter Anleitung eines Archäologen) durchgeführt. Wer also Interesse an Archäologie hat – bis Oktober kann hier mitgeholfen werden. In den unterschiedlichen Erdschichten kann man einiges entdecken – von Ziegeln über Asche (es brannte also irgendwann einmal), Tonstückchen, Mauern und/oder auch Knochen. Jede Erdschicht bringt (vielleicht) etwas ans Tageslicht. Das „vielleicht“ streichen wir einfach, denn in so einer Umgebung kommt mit großer Sicherheit etwas Altes ans Tageslicht. Spannend! Erkenntnisse zeigen, dass um 1809 Touristen vor Ort waren. Sie wussten schon, wo es ist schön ist! Alle bisher gewonnen Daten und Funde werden aufbereitet und in den kommenden Jahren innerhalb der Gotthardsruine in einem modernen Informationssystem für Touristen präsentiert. Hinter dem Projekt steckt der Verein Burgenlandschaft e.V., der noch einige weitere Burgen, Klöster, Ruinen etc… betreut.

Zurück nach Amorbach ging es wieder zu Fuß und wenn man schon einmal dort ist, sich für Burgen, Ruinen und alte Gemäuer interessiert, sollte man unbedingt einen Blick in das Templerhaus werfen. Relativ unscheinbar steht das Haus inmitten einiger anderer Häuser – etwas abseits der Straße. Man würde glatt vorbeilaufen, aber das Templerhaus ist das älteste Fachwerkhaus in Bayern und eines der ältesten in ganz Deutschland. Dies kann man übrigens sehr gut über das Holz (grob gesagt: Abstand der Jahresringe) feststellen. 1291 erfolge der Bau des Fachwerkobergeschosses fast in seiner heutigen Form. Die Fenster in der heutigen Ansicht wurden später hinzugefügt und auch innen wurden Putz- und Malerarbeiten immer wieder angepasst bzw. erneuert. Wird in den eigenen vier Wänden heute schließlich auch so gemacht – ab und zu streichen bzw. etwas erneuern. Der steinerne Unterbau dürfte noch ca.100 Jahre älter sein.

Innen wurde teilweise das Fachwerk freigelegt und die damaligen Zimmereiarbeiten sind zu bestaunen. Auch verschiedene Maler- und Putzschichten sind zu entdecken. Überhaupt finde ich es spannend zu überlegen „Hier haben zahlreiche Generationen gelebt – was werden sie wohl alles gesehen und erlebt haben?“. Erbaut wurde das Gebäude (vermutlich) von der Adelsfamilie Rüdt von Collenberg, es wechselte mehrfach seinen Besitzer und ging 1981 in den Besitz der Stadt Amorbach über. Man vermutet, dass das Geschlecht der Rüdt eine Beziehung zum Templerorden hatte. Zeitlich passt das Gebäude dazu. Aktuell ist ein Anbau vorhanden, indem die Geschichte und weitere Details erzählt werden. Wenn ihr in der Ecke sein solltet – das Templerhaus ist unbedingt einen Besuch wert!

In Churfranken wimmelt es quasi nur so von Burgen. Das mag daran liegen, dass es hier so schön ist, dass sich viele Burgherren in der Gegend niederlassen wollten, kann aber auch den verschiedenen Gebietsansprüchen geschuldet sein. Ich tippe mal auf die schöne Gegend! 😉
Die nächste Burg, die wir uns anschauten, steht im Ausgangsort Miltenberg. Es handelt sich dabei um die Mildenburg. Die Burg dürfte Ende des 12. Jahrhunderts erbaut worden sein und die Namensgebung aus dieser Zeit leitet sich von einer mittelalterlichen Tugend ab: Milde (milte): Freigiebigkeit, Barmherzigkeit, Großzügigkeit. Das (jetzt wieder) weiß verputzte Hauptgebäude stammt im Kern aus den 1390er Jahren. Noch älter dürfte die Ringmauer sein. Auf dieser führt ein kleiner Weg entlang, um den mächtigen Bergfried zu erreichen. Der ist ca. 30m hoch und lässt einen genial über die Stadt blicken.

Aktuell ist in der Burg ein Museum beheimatet, welches eine Dauer- und eine Wechselausstellung mit dem Namen „Orthodoxe Ikonen und moderne Kunst“ beinhaltet. Nachdem 1979 die Burg in den Besitz der Stadt überging, wurde sie umfangreich saniert und 2011 öffnete das Museum seine Pforten.

Mit Superlativen geht es in Churfranken weiter: Die Martinskapelle in Bürgstadt am Main darf da nicht fehlen.  Die Kapelle ist eine der ältesten Kapellen in ganz Franken. Sie wurde um 950 erbaut und beinhaltet eine Besonderheit, welche in ganz Deutschland fast nicht mehr zu finden ist. Es handelt sich dabei um die sogenannte „Armenbibel“ aus dem 16. Jahrhundert. Eine bildhafte Darstellung mit mindestens einer Szene aus dem neuen Testament und auch Texten/Szenen aus dem alten Testament.

Besonders in den Blick fällt der Heilige St. Martin, der zwar seinen Mantel teilt, aber gleichzeitig nicht sonderlich begeistert schaut. Was es zu bedeuten hat? Man weiß es nicht genau…
Am besten ist die Martinskapelle per Fahrrad zu entdecken, das bietet sich entlang des Mains sowieso an, aber dazu erzähle ich Euch noch mehr.

Wandert und/oder fährt man am Main entlang ein Städtchen weiter, kommt man nach Klingenberg am Main. Dort liegt die Burgruine Clingenburg, direkt oberhalb der Altstadt, inmitten von Weinbergen. Zwar wurde die Burg im Jahr 1100 schon genannt, aber vermutlich wurde sie an dem jetzigen Standort erst ein paar Jahre später errichtet. Erbaut wurde sie vom Mundschenk des Kaisers Friedrich Barbarossa: Conradus Colbo. Am Weinberg unterhalb der Burgruine wird schon sehr lange Rotwein angebaut und wer einmal den Fränkischen Rotwein Wanderweg (der übrigens 79 Kilometer lang ist) laufen möchte, der kommt auch an der Clingenburg vorbei.  

Touristisch wird die Burg auch schon eine Weile genutzt. Bereits seit 1891 wurden (unregelmäßig) Burgspiele und Theateraufführungen durchgeführt. Diese waren damals so berühmt, dass sogar vornehme Gäste – unter anderem der bayerische König – erschienen. Auch Festspiele fanden in unregelmäßigen Abständen statt. Seit 1994 gibt es die Clingenburg-Festspiele. Acht Wochen im Sommer wird gespielt, „bis die Steine glühen“ (mit Ausnahme der Corona-Zeit). Ob Musicals, Opern, Schauspiele oder Konzerte – alles äußerst hochprofessionell! Auch mir sagt der Begriff „Clingenburg-Festspiele“ etwas, obwohl ich mich in meiner Jugend noch nicht so sehr dafür interessiert habe.
Wer sich für das Mittelalter interessiert, ist hier auch genau richtig. Um den 01. Mai herum findet ein historisches Weinfest auf der Clingenburg statt. Gaukler, Feuerschlucker, Minnesänger, Puppenspieler, Fakire und viele mehr sorgen für Unterhaltung. Mit Sicherheit ein tolles Ereignis! Übrigens war Klingenberg um 1870 auf Grund des Tonvorkommens und den dazugehörigen Bergwerken eine sehr reiche Stadt.

Die Burgen, Kapellen, Ruinen und historischen Häuser sind natürlich nur ein kleiner Teil von dem, was Churfranken zu bieten hat. Hier wimmelt es sozusagen von bedeutenden Bauten und Denkmälern. Der Verein Burgenlandschaft e.V. hat in einer Broschüre um die 60 verschiedene erwähnenswerte Bauten aufgezählt. Wer also möchte, kann seine historischen Interessen in einem relativ übersichtlichen Gebiet nachgehen.

Und was es noch so zu entdecken gibt, erfahrt Ihr in Kürze hier!

Ein Dankeschön geht auch an das ganze Team vom Churfranken, die dieses Erlebnis überhaupt erst ermöglicht haben.

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