Große Vorfreude! Die Planungen liefen schon länger und nun war es endlich so weit – vor ein paar Tagen ging es mit der Bahn in das wunderschöne Ötztal. An dieser Stelle sei schon einmal gesagt: Man (also ich) ist grundsätzlich viel zu wenig in den Bergen. Endstation meiner Bahnfahrt war Ötztal-Bahnhof, um anschließend mit dem Bus bis nach Obergurgl zu fahren. Die Fahrt durch das komplette Tal – inkl. Abzweigungen zu den einzelnen Dörfern – dauert zwar ca. 1:30h, dafür ist es aber landschaftlich wunderschön anzusehen. Außerdem ist die Busfahrt recht entspannt und, da es nur eine Bundesstraße gibt, ähnlich schnell, als würde man den eigenen PKW benutzen. Ein kleiner Tipp: Eine Wochenkarte rentiert sich bereits ab zwei Fahrten. Eine Einzelfahrt von Ötztal-Bahnhof nach Obergurgl kostet 13,40 Euro und eine Wochenkarte inkl. Komplettes Ötztal und Imst 26,00 Euro. Für Besitzer der Ötztal „Inside Summer Card“ ist der ÖPNV sowieso enthalten, genauso wie beim „KlimaTicket“ in Österreich.
Obergurgl kannte ich tatsächlich bisher nur vom Winter und dachte ursprünglich, dass die Unterkünfte dort im Sommer geschlossen sind. Mein Bruder fand aber eine günstige Pension, die am Anreise- und Abreisetag von uns für je eine Nacht genutzt wurde. Die Lage kam uns zwecks Akklimatisierung sehr entgegen. Obergurgl liegt, im Gegensatz zu Schweinfurt, auf ca. 1.930m. Somit kann sich der Körper schon mal an die Höhe gewöhnen. Am ersten Nachmittag/Abend ging es noch auf einen Spaziergang zur Zirben Alm – nicht weit weg und mit schöner Terrasse. Wir waren leider zu spät, um noch etwas zu essen. Next time dann!
Der nächste Tag kam und mit dem Bus ging es rüber in das Bergsteigerdorf Vent. Mit dabei waren ein vollgepackter Rucksack mit einem Gewicht von 13kg, jede Menge gute Laune und herrliches Wetter. Vorbei an Weg-Schafen ging es stetig bergauf. Das kleine Bergsteigerdörfchen liegt auf 1.950m und unser Endziel an Tag 1 war die Similaunhütte. Sowohl auf der Hütte als auch bei der Ötzi-Fundstelle war ich schon das ein oder andere mal, zuletzt 2021. Mein Bruder war vor ca. 25 Jahren das letzte Mal dort oben und war leicht verwundert, dass es mittlerweile ohne Gletscherüberschreitung zur Hütte geht. Damals reichte der Gletscher noch annähernd an die Hütte ran. Heute leider nicht mehr. Wir wollten erst zur Ötzi-Fundstelle, um anschließend über den Grat zur Hütte zu gehen. Man muss dazu sagen, dass der ursprüngliche Plan ein anderer war: Erst zur Hütte, übernachten und am nächsten Tag über die Fundstelle weiter. Doch dies hätte uns fast 1,5h zusätzlich gekostet und für den darauffolgenden Tag waren Gewitter gemeldet. Daher entschieden wir uns um und schauten direkt bei Ötzi vorbei. Im letzten Stück muss man sich etwas orientieren, um den Weg zu finden, und Trittsicherheit ist natürlich unabdingbar. Nach 8 Stunden und 30 Minuten (natürlich mit Pausen) und 1.420 Höhenmetern kamen wir geschafft und glücklich auf der Siminlaunhütte an.
Die Komoot-Links zu den Routen findet ihr wie immer am Ende des Posts. Zurück zur Hütte. Wie (fast) immer auf Hütten – Schuhe aus, anmelden und das Schlafquartier aufsuchen. Dort erst einmal ordnen und anschließend die Dusche aufsuchen, für die man vorher eine Duschmarke kauft. In der Regel kosten diese so um die 4 Euro. Was im Gegenzug 4 Minuten warmes/heißes Wasser bedeutet. Vollkommen ausreichend, vor allem wenn man die Versorgungssituation in der Höhe bedenkt. Vielen wird es ähnlich gehen: Sobald man auf der Hütte zur Ruhe kommt, lässt man den Tag Revue passieren und speichert seine persönlichen Highlights ab. An diesem Tag war es bei mir ein Bartgeier. Kurz vor der Hütte befindet sich der Grat, über den wir gekommen sind. Auf diesem machte ich einen kurzen Halt, sah mich um und entdeckte einen Bartgeier, wie er direkt über das Joch flog. Und zwar von oben – unglaublich!
Mit dieser, und noch einigen mehr Situationen im Kopf, ging der Tag zu Ende. Neuer Morgen, neue Route. Unser nächstes Ziel war das Hochjoch-Hospiz. Eine Alpenvereinshütte auf 2.413m. Die ursprüngliche Route sollte uns über den Saykogel (3.355m) führen. Doch als wir am Morgen einen Blick aus der Hütte warfen, musste dieser Plan geändert werden. Die Sicht war vor lauter Nebel bzw. Wolken sehr schlecht und laut Hüttenwirt sollte es auch früher beginnen zu regnen bzw. gewittern als am Vortag angekündigt. Deshalb ging es für uns (leider) wieder zurück nach Vent, um anschließend von dort zur Hochjoch-Hospizhütte aufzusteigen. Einen weiteren Vorteil hatte die Besteigung der Ötzi-Fundstelle am Vortag: Wir mussten nicht den gleichen Weg zurücknehmen. Auf halber Strecke befindet sich die Martin-Busch Hütte und theoretisch auch unser Abzweig zum Saykogel. Das Wetter wurde nicht besser (im Tal schon, oben aber nicht) und so ging es weiter zurück nach Vent. Ab den Rofenhöfen (bekannt für Haflinger und als höchstgelegene dauerbesiedelte Bergbauernhöfe Österreichs) führt der Pfad immer dem Tal entlang. Manchmal etwas enger und u.a. auch mit Fixseilen. Das ist aber alles kein Problem und gefühlt kann (fast) jeder mit Bergerfahrung diesen Weg gehen. Angeschrieben ist die Wanderung mit 3 Stunden. Was auch ungefähr hinkommt.
Die Strecke „untenrum“ von der Similaunhütte zur Hochjoch-Hospiz zieht sich schon etwas. Insgesamt knapp 20km mit ca. 620 Höhenmetern. Trotzdem eine schöne Tour. Angekommen auf unserer zweiten Hütte das bekannte Ritual: Wanderschuhe aus- und Hüttenschuhe anziehen. „Freiheit den Zehen!“ Anschließend einchecken und duschen. Beim Einchecken dann eine kleine Überraschung. Mein Bergführer Michael von der Fluchtkogel-Tour 2019 saß dort am Tisch. Er war mit einer Familie unterwegs, welche ein paar Gipfel erklimmen wollten. Wir gingen uns erst einmal wieder kultivieren und später saßen wir mit Michael und der Familie zusammen. Natürlich wurde gequatscht, gewitzelt, Tipps/Neuigkeiten ausgetauscht und die nächste Tour(en) 2023 geplant. Ein richtig schöner Hüttenabend! Es war übrigens die richtige Entscheidung, nicht über den Saykogel zu gehen, denn später fing es an zu regnen, hageln und gewittern.
Der nächste Morgen kam und auch hier wieder die gewöhnliche Routine: Frühstücken, Zähne putzen/waschen, raus aus den Hüttenschuhen und rein in die Wanderschuhe. Kurzer Check, Rucksack satteln und los geht’s. Das Wetter war wieder besser, nur etwas kühler. Dafür, dass es zu Hause immer um die 30 Grad hatte, war es hier richtig angenehm. Noch ein Pluspunkt für die Berge. Das nächste Ziel war die Vernagthütte. Keine 3 Stunden entfernt (falls man den Höhenweg nimmt) und aus Erfahrung ein sehr schöner Weg. Unser Plan lautete etwas anders, denn wir gingen quasi den direkten Weg über den Gipfel der mittleren Guslarspitze. Ab der Hütte schlängelt sich der Weg entlang hochalpiner Landschaft mit einem wunderbaren Blick auf die umliegende Gletscherwelt. Weiter oben wird es (natürlich) etwas steiniger. Der Gipfel (3.128m) war nicht mehr weit und sobald man das Joch betritt, sind es nur noch ein paar Meter bis zum Kreuz. Die Aussicht auf dem Gipfel ist grandios. Das Tagesziel, die Vernagthütte, ist ebenso zu sehen, wie auch der leicht gezuckerte (schneebedeckte) Gipfel der Wildspitze.
Wir ließen uns auf dem Gipfel und am Abstieg Zeit. Erstens weil wir noch genügend Zeit hatten, und zweitens war der Weg abschnittsweise sehr rutschig/steil. Leider konnten wir auch Steinschlag beobachten. Ja, der Klimawandel ist auch hier oben zu spüren.
Es ging weiter bergab und nach einem erneuten kurzen Aufstieg (wie es immer so ist), erreichten wir die Vernagthütte (2.755m). Auf der Hütte galt wieder: Wanderschuhe aus, Hüttenschuhe an, anmelden, Quartier beziehen und duschen. Danach erst einmal gemütlich ausruhen (wir waren recht früh auf der Hütte) und den Tag Revue passieren lassen. Gleichzeitig war es unsere letzte Übernachtung auf einer Hütte bei dieser Tour. Nach einem sehr leckeren Essen ging es relativ früh ins Bett – vielleicht spürten wir doch die Anstrengungen der letzten Tage?!
Unser letzter Tag am/in den Bergen stand an. Auch hier wurde die ursprüngliche geplante Route etwas abgekürzt. Für uns ging es von der Vernagthütte zur Breslauer Hütte und von dort der Abstieg nach Vent. In der Nähe vom Weg von Hütte zu Hütte entdeckten wir diesmal etwas dickere Murmeltiere, die schon für den notwendigen Winterspeck sorgen. Die Breslauer Hütte nahmen wir noch mit, das Wilde Mannle nicht mehr. Ich war bereits mehrfach auf dem Gipfel und kannte somit quasi eh fast jeden Stein. Bis auf das letzte Stück, welches steil(er) bergab und dementsprechend die Knie belastet, ist die Strecke auch eine schöne Wanderung. Man ist immer oben und genießt die Aussicht auf die umliegenden 3000er.
Unten im Tal angekommen ging es nochmals für eine Nacht nach Obergurgl, um die Tour gemütlich ausklingen zu lassen. Und zudem mussten wir uns nicht stressen, um evtl. noch einen Zug zu erwischen. In Obergurgl kann ich Euch das „See You“ empfehlen. Uns hatten dort die Burger angelacht. Nach den eher einfachen Gerichten auf den Hütten, dann doch mal etwas anderes. Nicht falsch verstehen, das Essen auf den Hütten ist lecker, doch Burger oder ähnliches gibt es nicht.
Am nächsten Tag hieß es Abschied nehmen vom Ötztal und mit Bus und Bahn wieder nach Hause. Hier die Links zu den einzelnen Touren auf Komoot:
Die Übernachtungen auf den Hütten hatte ich vorher alle gebucht und zum Teil auch eine kleine Anzahlung geleistet. Zwar könnte man theoretisch auch auf Nachfrage und ohne Buchung übernachten, aber gerade in der Ferienzeit ist es schon ziemlich voll und das gehört auch nicht zum guten Ton, wenn es nicht sein muss. Wir hatten zudem immer gleich mit Halbpension gebucht. Auf der Similaunhütte ist sowieso nur HP möglich und auch auf den anderen Hütten die bessere Wahl, wenn Ihr nicht nur auf Euren Proviant zurückgreifen wollt. Außerdem hatten wir uns für Zimmer (statt Lager) entschieden und wir hatten hier auch Glück, dass wir – bis auf die Similaunhütte – immer alleine im Zimmer übernachten konnten. Ein wichtiges Utensil für mich sind Ohrenstöpsel für besseren Schlaf. Man weiß ja nie. Manche Zimmer sind sehr hellhörig oder man hat einen schnarchenden Zimmernachbarn. Ohrenstöpsel rein, Augen zu und schlafen ist mein Motto. Der Handyempfang ist auf den Hütten auch eher semi, aber manchmal noch besser als auf dem Land in Deutschland – das ist aber wieder ein anderes Thema. Kostentechnisch rechnete ich so um die 100 Euro pro Tag. Meistens ist es weniger, doch einen Puffer habe ich immer mit eingeplant. Erstens gibt es keinen Geldautomaten oder so etwas in der Art, zweitens akzeptieren die Hütten nur Bargeld und drittens weiß man nie, wie der Hüttenabend endet. Bestimmt geht es auch mit weniger Cash, doch für mich ist es eine grobe Hausnummer.
Ausstattung/Ausrüstung
Bei Gesprächen vor und nach so einer Tour werde ich immer wieder gefragt „was hast du eigentlich alles an Gepäck dabei?“ Mein Rucksack wog inkl. Verpflegung (Essen und Trinken) knapp über 13kg. Auf der Waage waren sogar noch die Stöcke angeschnallt. Mit dabei habe ich einen dünnen Schlafsack. Diesen braucht man auf den Hütten. Dort gibt es meistens zusätzliche Decken, so dass es nicht zu kalt wird. Dann nehme ich immer Badeschlappen mit. Oft werden oben Hüttenschuhe bereitgestellt, aber hier sind mir meine eigenen lieber. Regenschutz und eine warme (Sport-)Jacke dürfen natürlich nicht fehlen. Je nach Wetter und Höhe auch eine leichte Daunenjacke, Handschuhe und Mütze. Auch wenn es im Tal an die 30 Grad warm ist, kann es gerade in Gletschernähe und/oder am frühen Morgen doch recht frisch sein. Wir hatten beispielsweise morgens um die 5 Grad.
An Kleidung hatte ich vier T-Shirts aus Merinowolle und Sportunterwäsche (beides von icebreaker) dabei. Bei den Shirts wäre ich vielleicht auch nur mit zwei ausgekommen – muss ich das nächste Mal ausprobieren. Da ich persönlich schnell am Rücken (Rucksack) schwitze, liegt meine Prio auf Shirts mit guter Saugkraft, die gleichzeitig schnell trocknen und den Geruch absorbieren. Hier bin ich wirklich begeistert von meinen icebreaker-Shirts. Des Weiteren eine kurze Hose, eine lange Wanderhose und Wandersocken (ebenfalls aus Merinowolle). Dazu kommen noch Zahnbürste und -pasta, Deo, Handtuch (Mikrofaser), eine Nagelschere und ein kleines Reisewaschmittel (für den Notfall). Und „Kleinkram“ wie Rettungsdecke, Erste-Hilfe-Set, Isolierband, Ersatzschnürsenkel, persönliche Medikamente, Stirnlampe (mit geladenem Akku), Powerbank und verschiedene Ladekabel. Bei so einer Tour sind es ca. 2,5 Liter an Getränken und gefühlt hatte ich diesmal zu viel Essen (Müsliriegel/Naschsachen/Knäckebrot) mit dabei. Einiges ging wieder mit zurück nach Hause. Traubenzucker und Bonbons für den schnellen Zuckernachschub habe ich sowieso immer griffbereit. Aus Erfahrung wird man klug. Das gilt auch für die Sonnencreme. Je höher der Lichtschutzfaktor, desto besser. Und, egal ob bewölkt oder Sonnenschein – es wird sich eingecremt. Und zwar an allen Stellen, die auch nur für kurze Zeit der Sonne ausgesetzt sind. Selbstverständlich sind mit dabei Kopftücher (eines als Ersatz) als zusätzlichen Sonnenschutz und meine Wanderstöcke aus Carbon. Soweit ich mich erinnern kann, dürfte das alles gewesen sein.
Auf jeden Fall war es eine geniale Tour, die nach einer Wiederholung schreit! Vielleicht im Jahr 2023 und vielleicht auch mit ein paar höheren Gipfeln. Sag niemals nie! Und wie sagte Hans Kammerlander so schön: „Ein Gipfel gehört dir erst, wenn du wieder unten bist – denn vorher gehörst du ihm.“ In diesem Sinne.
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