Weiter ging es im Programm unserer Pressereise zu geschützten Naturlandschaften in Mecklenburg-Vorpommern. Nach dem Besuch des Nationalparks Jasmund und des Jagdschloss Granitz endete unser Tag mit einem vollen Kopf – positiv gesehen, denn insgesamt konnte in der Kürze der Zeit natürlich nur ein erster Eindruck vermittelt werden. Aber der war wirklich super spannend und machte sehr viel Lust auf mehr!
Für uns war der Tag allerdings noch nicht zu Ende. Vor dem wohlverdienten Abendessen standen noch zwei weitere Programmpunkte auf der Liste. Das Wetter hatte sich gebessert und der Regen hatte sich komplett verabschiedet. Vielleicht hinaus auf die Ostsee – I don`t know. Umso besser für uns, denn eine kleine Wanderung zum Aussichtspunkt Moritzburg durfte nicht fehlen. Gerade am späten Nachmittag mit abziehenden Wolken bietet der Platz einen wunderbaren Überblick auf die Having (eine lagunenartige Bucht im Nordosten des Rügischen Boddens und Bestandteil des Naturschutzgebietes Mönchgut im Biosphärenreservat Südost-Rügen).
Da sich unser Hotel, das Hotel Solthus am See, am gegenüberliegenden Ufer befand, nahmen wir die Ruderfähre Moritzdorf. Richtig gelesen! Es handelt sich dabei um die letzte Ruderfähre auf ganz Rügen. Kay-Uwe Strandmann knöpft mit seinem Boot „Kay-Uwe“ an eine lange Tradition an, denn seit 1891 besteht eine Ruder-Fährverbindung über die Baaber Bek (wie der Abschnitt zwischen dem Selliner See und Bodden genannt wird). Wenn man einmal vor Ort ist, sollte man sich die Fähre nicht entgehen lassen.
Den Abend ließen wir bei einem sehr leckeren Abendessen im Hotel ausklingen. Im gemütlichen reetgedeckten Haus wird ebenfalls viel Wert auf einheimische Produkte gelegt, aber auch auf gastronomische Einzigartigkeit. „Heimatküche“ eben! Und ohne Schnaps ging es für uns nicht ins Bett. Wir probierten eine der einheimischen Spezialitäten, den BIO Edelobstbrand „Rügener Apfel“. Der stammt von der 1sten Edeldestillerie Rügens und wird ausschließlich aus handsortiertem Tafelobst der Insel gebrannt, Biozertifiziert und aus einheimischen, alten Sorten. Nicht nur deswegen mag ich das Unternehmensmotto der Destillerie: „Das Leben ist zu kurz, um schlechten Schnaps zu trinken!“
Neuer Tag, neuer Nationalpark. Vor Abfahrt wurde noch kurz die schöne Morgensonne über den Bodden genossen und dann ging es auch schon los in Richtung Fischland-Darß-Zingst bzw. zum Nationalpark Vorpommersche Boddenlandschaft. Der Nationalpark Vorpommersche Boddenlandschaft beherbergt eine einzigartige Küstenlandschaft, die ständig in Bewegung ist. Mit Lagungen, Windwatt, Dünen, Heiden, Mooren und Wäldern. Das Motto „Natur Natur sein lassen“ eint übrigens die Nationalparks weltweit.
Bei der Region Fischland-Darß-Zingst handelt es sich um eine Halbinsel, welche quasi die Ostsee vom Festland trennt. Auf der nördlichen Seite die Ostsee, südlich die Darß-Zingster Boddenkette. So als ganz grobe Zuordnung. Als Startpunkt für unsere Exkursion wurde die Gemeinde Prerow gewählt. Von dort ging es nun nur noch mit reiner Muskelkraft weiter. Wir machten uns mit dem Fahrrad auf durch den Nationalpark Vorpommersche Boddenlandschaft in die Schutzzone 1 (Kernzone), genauer gesagt an den Leuchtturm Darßer Ort. Im Gegensatz zur Insel Vilm kann sich in dieser Kernzone (man ist schließlich auf kein Schiff angewiesen) grundsätzlich jeder „frei“ bewegen und die Natur genießen. Selbstverständlich nur unter den verschiedenen Vorgaben, die in einem Nationalpark nun mal gelten (vor allem die Wege NICHT verlassen – auch NICHT für einen ganz kleinen Abzweig). Begleitet wurden wir diesmal von Ranger Lutz Storm. Lutz kennt „seinen“ Nationalpark wie seine Westentasche. Auf unserer Fahrt an die Westküste der Halbinsel gab er immer wieder Hinweise zu Flora und Fauna, aber auch über die verschiedenen Landschaftsstrukturen. Wie z.B. Dünen aus der Eiszeit, welche sich auf dem Rad wie kleine Hügel anfühlten. Ohne ihn wäre uns dies sicherlich gar nicht aufgefallen. Auch in dieser Region prägen Buchen überwiegend das (Wald-)Bild und es scheint, als würden sie zum Teil in Richtung Ostsee wandern. Das Gegenteil ist der Fall, die Küste wird auch hier abgetragen und begibt sich dadurch eher auf den Wald zu. Aber keine Angst, im Gegenzug wird die Küste an der Nordspitze wieder aufgebaut. Wie dies von statten geht, kann Euch Lutz in einem ausführlichen Vortrag erzählen. Mit Sicherheit sehr spannend, allerdings hatten wir für dieses Thema diesmal keine Zeit, denn für uns ging es zurück zum Leuchtturm Darßer Ort.
Dort angekommen, durften wir erst einmal die 126 Stufen hinaufsteigen und einen Blick über die herrliche Landschaft werfen. In einer Höhe von 28 Metern, auf der sich die kleine Aussichtsplattform befindet, ist der Nationalpark bzw. die geschützte Natur deutlich zu erkennen. Als kleiner Tipp: Einen Blick auf die Vegetation an der Küste werfen bzw. am besten von Süden nach Norden schweifen lassen.
In den umgebenden Gebäudekomplexen befindet sich zudem noch eine kleine Ausstellung, welche die Küstendynamik näher erläutert, aber auch Infos zu den heimischen Tieren und zur Ostseeküste allgemein umfasst. Unter freiem Himmel, im Innenhof des Leuchtturmgehöfts, findet aktuell eine Ausstellung statt von Fotografen vor Ort, welche zum 30jährigen Jubiläum des Nationalparks ihre ganz persönlichen Lieblingsbilder aus dem Nationalpark zeigen. Sowohl der Leuchtturm als auch die umgebenden Ausstellungen gehören zum NATUREUM, eine vielfältige Zusammenstellung interessanter Aktionen, Ausstellungen und Erlebnisse.
Zwar hatte während unseres Besuchs das örtliche Cafe geschlossen, trotzdem genossen wir eine kleine, mitgebrachte Stärkung. Im Anschluss stand nämlich eine Rundwanderung auf dem Programm, der „Rundwanderweg Darßer Ort“, um noch mehr von der schönen Natur zu erfahren und genießen.
Der Rundwanderweg startet direkt am Leuchtturm und endet auch wieder dort. Für uns blieben also die Räder vor Ort und es ging zu Fuß auf dem Holzbohlenweg entlang Richtung Nordspitze. Der Weg führt durch die unberührte Dünenlandschaft, vorbei an mehreren Strandseen und Beobachtungsstationen. In der Ferne konnten wir sowohl Rotwild (im Oktober ist Brunftzeit) als auch verschiedene Vögel beobachten. Mit etwas Glück (und Fernglas bzw. Spektiv) kommt auch mal eine Robbe zum Vorschein. Ornithologen findet man für gewöhnlich einige vor Ort, denn hier entdeckt man immer wieder seltene Vögel, z.B. auch den Eisvogel. Aber auch für den „normalen“ Touristen ist der Rundweg mit seinen knapp 5 km sehr zu empfehlen.
Lutz erzählte uns noch einige spannende Geschichten. Er selbst schaut am liebsten dem Land beim Wachsen zu. „Hier entsteht noch echte Wildnis – ohne Zutun des Menschen“. Die Ostsee bringt den Sand und dank Wind wird dieser bei Flachwasser zu Dünen aufgeweht. Nach und nach entsteht so neues Land, welches von Pflanzen besiedelt wird. Quasi erst die Düne, dann kleine Pflanzen, dann die Kiefer, dann die Eiche und zum Schluss die Buche. Erdgeschichtlich gesehen ein kleiner Bruchteil vom Ganzen!
Als Tagesabschluss durften wir noch auf dem Gut Darß unseren Gaumen verwöhnen lassen. Das Gut ist seit 1992 mit der Bio-Zertifizierung versehen und zudem ein langjähriger Partner des Nationalparks. Da passt das Abendessen perfekt zum Tag und in die Runde.
An diesem Tag wurden wir im Hotel Schlösschen Sundische Wiese einquartiert. Die Nacht sollte für uns sehr früh enden, genauer gesagt war die Abfahrt für 5:30 Uhr terminiert. Ein weiteres Highlight stand nämlich auf dem Programm!
Wie am Vorabend geplant, startet wir mit unseren Rädern auf in die Dunkelheit. Wir folgten der Rangerin Juliane Kiwitt vom Nationalpark Vorpommersche Boddenlandschaft durch die Nacht. So richtig wusste niemand, wohin es eigentlich gehen sollte, aber wir vertrauten ihr einfach mal. „So weit fahren, bis es nicht mehr weiter geht!“ war das Motto. Als die Dämmerung ganz leicht einsetzte, kamen wir an unserem Ziel, dem „Pramort“ an der östlichsten Spitze der Halbinsel Fischland-Darß-Zingst an. Ein Beobachtungspunkt, um Kraniche zu entdecken. Und natürlich auch viele andere Tiere, da man von dort aus eine spektakuläre Sicht über die Boddenlandschaft hat. Um 6:20 Uhr, als wir vor Ort ankamen, war alles noch ganz ruhig. Ein paar wenige Frühaufsteher waren unterwegs, mehr war noch nicht los. Dies änderte sich dann schlagartig, als wir vom Beobachtungspunkt aus über den kleinen Deich (aus vergangen Zeiten) schauen konnten. Kraniche ohne Ende – geschätzt 5.000 Stück, die „nur“ mit bloßem Auge zu sehen waren. Mit Sicherheit waren noch viel mehr vor Ort. An manchen Tagen sollen es um die 60.000 Vögel sein. Unglaublich! Wenige Minuten später erhoben sie sich, um zu ihren Futterplätzen zu fliegen. Ein wirklich ganz besonderer Moment!
Der Nationalpark Vorpommersche Boddenlandschaft ist bekannt für seine (teilwiese letzten) Brutgebiete tausender Küstenvögel und seltener Vogelarten. Für mich war es das erste Mal, dass ich so viele Kraniche und deren Flug so bewusst in freier Wildbahn wahrgenommen habe. Schon der Hammer, wie sie kommunizieren und immer wieder den Weg zu ihren Brutgebieten bzw. Futterplätzen finden. Ja, die Kraniche waren für mich auf jeden Fall ein Highlight. On top zog dann aber auch noch ein Seeadler seine morgendliche Runde. Meine erste Sichtung in freier Wildbahn. Top! Ach, nicht zu vergessen waren die röhrenden (!) Hirsche, Wildschweine und ein Fuchs, die sich ebenfalls zeigten.
Glücklich und mehr als zufrieden radelten wir im Anschluss wieder zurück und genossen das Frühstück im Hotel. Es lohnt sich einfach (fast) immer, früh aufzustehen, in die Natur zu gehen und sich dort überraschen zu lassen!
Als Tipp empfehle ich Euch, eine Tour unter fachkundiger Anleitung zu buchen, dann erfahrt Ihr auf jeden Fall viel Wissenswertes und Euch entgeht nichts. Ihr könnt aber in einen Teil des Gebiets auch allein radeln oder laufen (nur ohne Begleitung halt nicht immer überall hin) – grundsätzlich ist beides möglich. Achtung, viele Vögel reagieren extrem empfindlich auf Störungen und geben oft sogar ihren Lebensraum auf, daher unbedingt die Regeln, die im jeweiligen Naturschutzgebiet gelten, beachten.
Leider neigte sich diese Pressereise dem Ende entgegen, nach dem Frühstück ging es mit dem Zug wieder Richtung Süden. Übrigens war die (Ab- und An-)reise mit der Bahn überhaupt kein Problem. Nicht mal zu Corona-Zeiten, denn auch, als am Sonntag mein ICE recht voll war, hielten sich (gefühlt) 99% der Mitreisenden an die Maskenpflicht. Ach, Verspätung gab es auch nicht – Karma?! 😉
Ich bin sehr froh, dass ich so eine schöne und für mich doch überwiegend neue und vielfältige Region kennenlernen durfte! Eine Bitte: Schützt und achtet die Natur weiterhin, damit auch die nachfolgenden Generationen noch diesen Anblick genießen dürfen.
Ein dickes Dankeschön geht an das ganze Team von Mecklenburg-Vorpommern Tourismus und allen Beteiligten, die diese Erlebnisse ermöglicht haben.
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