Heliflug mit der Lawinenkommission über die Felbertauernstraße

Wenn man Richtung Alpen fährt, freut man sich ja immer schon beim ersten Anblick der Berge. Für mich ist es dieses schöne Gefühl, „nach Hause“ zu kommen. Das kann ich auch gar nicht oft genug wiederholen. Verbunden mit einem gewissen Respekt vor diesen Gipfeln. Genauso wie vor den Leistungen der Menschen, die rundherum zu Hause sind. Wer mit dem Auto unterwegs Richtung Süden ist, nutzt wahrscheinlich ab und an die Felbertauernstraße. Daher passte es für mich ideal, als die Felbertauernstraße zur Pressereise lud, um einmal hinter die Kulissen zu schauen.

Eine Pressereise rund um eine Straße? Ungewöhnlich! Doch genau das machte mich neugierig. Und die Chance, hinter die Kulissen zu schauen, nutze ich ja sowieso immer sehr gerne.
Bei der Felbertauernstraße handelt sich um die Lebensader zwischen Großvenediger und Großglockner. Und den schnellen Weg Richtung Osttirol, Kärnten und Italien. Die Strecke ist insgesamt 63 Kilometer lang und führt durch den Nationalpark Hohe Tauern und den Felbertauerntunnel. In diesem Tunnel befindet sich auch der Scheitelpunkt der Alpenstraße mit einer Seehöhe von 1650m. Die Strecke ist zu mehr als der Hälfte 3-spurig ausgebaut und je nach Fahrzeug wird eine geringe Maut erhoben. Ja, es handelt sich um eine geringe Maut, wie mir nach unserem Blick hinter die Kulissen erst richtig bewusst wurde. Für PKW und Wohnmobile werden aktuell 11 Euro fällig, für ein Motorrad sind es 10 Euro. Der Unterschied zwischen zwei und vier Rädern ist übrigens deshalb nicht sonderlich groß, weil ein Motorrad normalerweise deutlich länger bei der Bezahlung benötigt als ein PKW.
Eine Durchfahrt vom Tunnel mit dem Fahrrad ist nicht erlaubt, aber ein Shuttle kann zu jeder Tages- und Nachtzeit gebucht werden. Um nur ein paar Details zu nennen, die ich im Rahmen der Pressereise lernte. Die meisten Fahrzeuge kommen erwartungsgemäß aus Österreich. Dicht gefolgt von Deutschland (60% aller ausländischen Fahrzeuge). Und wer an Mariä Himmelfahrt (15. August) unterwegs ist, kann sich auf Wartezeiten einstellen. Das ist nämlich der Tag mit der höchsten Frequenz.

Die Felbertauernstraße ist – im Gegensatz zu einigen anderen Alpenstraßen – ganzjährig befahrbar.  Und wie das funktionieren kann, schauten wir uns mit dem Betriebsleiter der Felbertauern AG und seinen Mitarbeitern genauer an. Früh um 6:00 Uhr ging es für uns los ins Kontrollzentrum, für das Team vor Ort je nach Witterung natürlich schon einiges früher bzw. rund um die Uhr.
Die Felbertauernstraße wird „Schwarz“ geräumt. Das bedeutet natürlich nicht, dass für die Mitarbeiter (von denen es ca. 50 gibt) keine Sozialabgaben gezahlt werden. Schwarz-Räumung heißt, dass bis auf den Asphalt geräumt wird. Also weder Schnee noch Eis zu sehen sind. Eine besondere Herausforderung für Mensch und Material. Die Arbeit findet im Schichtsystem statt und bei schlechter Witterung stehen die insgesamt vier Streu- und Räumfahrzeuge nie still. Apropos Räumfahrzeuge: Wir durften sogar selbst Platz nehmen und eine Tour mitfahren. Der Schneepflug hat ca. 500PS und soweit möglich fahren sie ohne Schneeketten. Denn diese haben verschiedene Nachteile. Was allerdings super wichtig ist, sind gute Reifen. Daher werden diese in regelmäßigen Abständen überprüft.
Das Gesamtgewicht eines Schneepflugs liegt bei ca. 22 Tonnen und er kostet  (inkl. Streuer und Schaufel) so um die 250.000 Euro. Also falls jemand von Euch mit dem Gedanken spielen sollte, seinen Fuhrpark zu erweitern, es wird nicht ganz so günstig. Vielleicht hat aber auch nicht jeder eine Ein- bzw. Ausfahrt von 4 Metern zu Hause. Denn so breit ist das Fahrzeug und seine Räumbreite beträgt 3,5m.
Alternativ kann es vielleicht auch gerne eine Schneefräse sein? Dazu benötigt man nur einen passenden LKW (Unimog o.ä.), die Fräse und schon kann es losgehen.

Mega interessant! Um noch eine Zahl in den Raum zu werfen: Insgesamt werden ca. 100.000 Euro pro Saison für Salz ausgegeben. Das entspricht ca. 500-700 Tonnen. Jedes Jahr. Um die Sicherheit für den Verkehr zu gewährleisten. Und die Räumflotte legt in einem durchschnittlichen Winter 55.000 km zurück.
In den meisten Fällen nimmt man ja vor allem die Mitarbeiter vor Ort, also direkt auf der Straße, wahr. Selbstverständlich stecken noch viel mehr dahinter. Ein Blick in die Leitzentrale (die am Südportal des Felbertauerntunnels liegt) verrät deutlich, was alles zu tun ist. Der Tunnel spielt dabei eine zentrale Rolle. Auch hier heißt es „Savety first“. So befindet sich im Tunnel neben den üblichen Sicherheitsmaßnahmen, wie Notwege und Beleuchtung, auch eine Hochdrucknebelanlage. Ebenso sind Sensoren angebracht, die ein langsam fahrendes Fahrzeug bzw. einen Stillstand erkennen. Die Zentrale ist ständig besetzt und redundant ausgelegt. Sollte also irgendetwas schief gehen (was wir natürlich nicht hoffen), muss vorher schon ziemlich viel passiert sein. Vor Ort ist zusätzlich ein Löschfahrzeug vorhanden und einige Mitarbeiter (oder waren es sogar alle?) besitzen eine spezielle (Feuerwehr-)Ausbildung.
Natürlich dürfen kuriose Geschichten nicht fehlen: Einmal musste z.B. jemand im Tunnel auf die Toilette und konnte scheinbar überhaupt nicht mehr warten, jemand anderes stoppte und breitete seinen Gebetsteppich aus, weil gerade Gebetszeit war. Der nächste fröstelte anscheinend etwas und machte deshalb ein kleines Feuer im Tunnel. Da sind die Radfahrer, die trotz Verbot durch den Tunnel wollen, noch recht harmlos. Also langweilig wird es dem Team vor Ort sicherlich nicht!

Wer in den Bergen unterwegs ist, dem ist die Lawinengefahr nicht unbekannt. Auch hier gibt es viel zu beachten. Wusstet Ihr z.B., dass es bei den Galerien sogenannte Rückfangvorrichtungen gibt? Hintergrund ist, dass die Lawine bei einem Rückstau nicht in den Tunnel drückt. Soweit soll es allerdings erst gar nicht kommen. Um dies zu verhindern, wird (bei Neuschnee) immer ein Schneeprofil erstellt, mit den weiteren Wetterdaten abgeglichen und mit der hauseigenen Lawinenkommission besprochen. Bekanntermaßen ist Schnee aber nicht gleich Schnee. Was so viel heißt, dass dieser unten im Tal eine ganz andere Beschaffenheit haben kann, als oben auf dem Berg. Zur Beurteilung der Lawinengefahr werden die Hänge rund um die Felbertauernstraße per Helikopter abgeflogen und notfalls wird gesprengt. Also die potenziellen Lawinen. Auch das durften wir uns live und in Farbe anschauen. So flogen wir mit einem Mitglied der Lawinenkommission einmal über den Pass und schauten uns die Gegebenheiten von oben an.

Die Perspektive zu wechseln schadet nie. Was nämlich von unten so einfach und groß aussieht, sieht mit etwas Abstand betrachtet noch ganz anders aus. Und es ist schon bemerkenswert, was der Mensch leisten kann. Der Tunnel hat „nur“ eine Länge von knapp 5,5km. Doch durch welches Bergmassiv er gebaut wurde, erkennt man erst so richtig von oben.  Sollte es einmal einen Bergsturz geben (wie im Jahr 2013) werden sofort die Landesgeologen mit ins Boot geholt, um die weitere Vorgehensweise abzustimmen.
Ihr seht, es steckt ziemlich viel Arbeit dahinter, um auf solch einer Alpenstraße die Verkehrssicherheit zu jeder Jahreszeit zu gewährleisten. Es geht nicht nur um „räumen“ und „Geld kassieren“.
So wie ich die Jungs und Mädels nun kennenlernen durfte, ist es bestimmt auch für eine Gruppe möglich, einmal hinter die Kulissen zu schauen. Fragen kostet nichts!

Aber auch abseits der Straße gibt es einiges zu entdecken. Zum Beispiel das Gschlößtal mit herrlichem Blick auf die Venedigergruppe bzw. den Aufstieg (Ostanstieg) zum Großvenediger.
Das abgeschiedene Defereggental in Mitte der Hohen Tauern ist vermutlich manchen von Euch ein Begriff. Das Tal liegt unweit von der Felbertauernstraße, also ein Urlaubsziel, das super von dort zu erreichen ist. Das Hochgebirgstal gilt besonders im Winter als Kältepol. Trotz nicht so viel Schnee bekamen wir dies auf einem Spaziergang durch die winterliche Landschaft zu spüren. Ziel unserer Wanderung war das Heilwasserhaus in St. Jakob, wo aus ca. 1850m Tiefe äußerst mineralien- und jodhaltiges Heilwasser mit einem Alter von ca. 1 Million Jahren kommt. Damit ist das Deferegger Heilwasser eines der ältesten der Welt. Damals wurde es dort durch Plattenverschiebung eingeschlossen und heute werden ca. 400 Liter des Salzwassers pro Tag gefördert.

Trinken ist nicht zu empfehlen, das Wasser wird gesprüht, gewickelt oder als Badezusatz verwendet. Es ist absolut keimfrei, desinfiziert, regt die Zellerneuerung an und soll besonders gut bei Hautproblemen sein. Wie gut, dass ich keine habe. Aber auch bei Atemwegserkrankungen oder zur Entspannung für die Gelenke. Zur Vorsorge ging es im Anschluss in die Badewanne. Mit einem „Schuss“ Heilwasser. Vorbeugung ist alles und etwas Genuss schadet ja auch nicht.
Apropos Genuss. Wenn Ihr einmal im Defereggental seid und Euch äußerlich mit dem Heilwasser verwöhnt habt, solltet ihr unbedingt in der Schnapsbrennerei von Heimo Macher in St. Jakob vorbeischauen. Insgesamt ist Heimo schon seit 25 Jahren am Brennen. Erst als Hobby und später wurde daraus mehr. Er ist der einzige Brenner im ganzen Tal und verarbeitet ca. 20 Tonnen Früchte im Jahr. Die Qualität steht bei ihm ganz oben und genau das schmeckt man in seinen Bränden. Neben den Edelbränden setzt er verschiedene Liköre an, so dass für jede Geschmacksrichtung etwas dabei ist. Und zudem kommen noch immer neue Geschmacksrichtungen dazu, da Heimo gerne etwas Neues ausprobiert. Da konnte ich mir gleich ein paar Ideen holen! In Macher‘s Landhotel kann man übrigens auch lecker essen, so hat man gleich den kompletten Genuss.

Im Winter gehört zum Thema Genuss ja auch der Wintersport. Ausgehend von der Felbertauernstraße hat man ideale Möglichkeiten zum Skifahren, Schneeschuhwandern und mehr. Ebenfalls im Defereggental, genauer gesagt im Skizentrum St. Jakob. Ein kleines, aber sehr feines Skigebiet mit 7 Liften und 23,7km Pisten. Perfekt für Familien, denn von den Pisten her ist alles Nötige vorhanden, ob Blau, Rot oder Schwarz. Abseits vom Trubel ein echter Geheimtipp für alle, die es ruhiger und natürlich mögen. Skifahren kann ich ja nie genug, so war es ein schöner Abschluss meiner Reise um die Felbertrauernstraße.

Was ich gehört und gesehen habe, muss es in der Gegend auch im Sommer richtig schön sein. Zum „normalen“ wandern oder auch für Hochgebirgstouren. Dies gilt es das nächste Mal auszutesten. Und evtl. gibt es auch eine Baustelle auf der Straße, die es zu besichtigen gibt?!
Falls Ihr nach einer schönen Übernachtungsmöglichkeit im Tal sucht, kann ich euch das Alpinhotel Jesacherhof empfehlen. Direkt an der Piste, hübsche Zimmer, leckeres Essen, zudem noch ein schicker Wellnessbereich und die Gastgeber sind einfach nur klasse. Gastgeber aus Leidenschaft- so wie es sein sollte!

Ein ganz dickes Dankeschön geht an das Team der Felbertauernstraße und alle Beteiligten, die dieses Erlebnis ermöglicht haben. Die Jungs und Mädels sind einfach klasse und mit Herzblut bei ihrer Arbeit!

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