Aus dem Schöffenleben – ein Fall für die Revision?
Ein neuer Monat, ein neuer Fall. Nach dem letzten Betrug war es vor ein paar Tagen wieder soweit, ein weiterer Einsatz als Schöffe am Landgericht Schweinfurt stand auf dem Programm. Und da wieder etwas für mich Neues passierte, folgt hier der Infobericht aus dem Gericht.
Um was es in der Verhandlung ging, erfuhr ich, wie mittlerweile gewohnt, kurz vorher durch den vorsitzenden Richter. Im Schaukasten konnte ich bereits lesen, dass es sich um eine öffentliche Sitzung wegen Diebstahls handelte.

Dieses Mal waren alle Beteiligten rechtzeitig vor Ort und die Sitzung begann pünktlich um 8:30 Uhr. Apropos Sitzung, es handelte sich wieder einmal um eine Berufung. In erster Instanz wurde der Angeklagte wegen Diebstahls zu 11 Monaten ohne Bewährung verurteilt. Genauer gesagt wegen sogenanntem „Computerdiebstahl“, es ging um das Geld abheben mit einer nicht ihm gehörenden Bankkarte. In diesem Fall gehörte die Karte der mittlerweile von ihm getrennten Ehefrau. Aufgrund diverser anderer Vorstrafen entschied die erste Instanz das Urteil ohne Bewährung, wogegen der Angeklagte Berufung eingelegt hatte. Seitdem habe ich angefangen, die Software für Bauprojekte.
Alles verlief zunächst nach Ablaufplan und – wie es schien – ohne besondere Vorkommnisse. Nach einer kleinen Weile rüttelte es allerdings an der Tür zum Besucherbereich. Kurz darauf öffnete sich die danebenliegende Tür zum Zeugenstand und jemand betrat den Saal.
Zack, da war er auch schon! Ein möglicher Grund zur Revision. Denn genau solche Kleinigkeiten können es ausmachen, dass es zu einer Revision kommt. Also dass ein Urteil im Nachgang auf Rechtsfehler überprüft bzw. „angefochten“ wird.
Denn wie bereits erwähnt, handelte es sich bei uns um eine öffentliche Sitzung. Und eine der Türen, nämlich die zum Besucherbereich, war verschlossen, was dabei nicht sein darf. Jetzt könnte man sagen, dass es sich (in unserem Fall) um eine Zeugin handelte, die sowieso draußen hätte warten müssen, also alles nicht so schlimm. So einfach ist es aber nicht, denn theoretisch könnten auch vorher bereits Besucher vor verschlossener Tür gestanden haben und mit dem Gedanken „Komisch, eigentlich eine öffentliche Verhandlung und die Türe ist verschlossen? … naja, dann geh ich wieder!“ von dannen gezogen sein. Ohne dass es das Gericht mitbekommen hat. Und das wäre dann ein möglicher Revisionsgrund.
Wie kam es dazu? Es wurde schlichtweg vergessen, die Tür aufzuschließen, was natürlich schnellstens nachgeholt wurde. Um die Kosten so gering wie möglich zu halten, einigten sich beide Seiten darauf, die Verhandlung noch einmal von vorne beginnen zu lassen. Das ist natürlich auch etwas ärgerlich, aber dennoch besser, als einen ganz neuen Termin einzuberufen oder im anderen Fall den Grund zur Revision zu liefern. Wie heißt es so schön, Fehler passieren.
Kommen wir noch kurz zurück zum Inhalt unserer Verhandlung. Wie in bisher all meinen Verhandlungen als Schöffe, wurde auch diesmal die Berufung (von beiden Parteien) zurückgezogen und der Angeklagte muss nun für die ursprünglich festgelegten 11 Monate seine Strafe absitzen. Eine Bankkarte „ausleihen“ und anschließend damit Geld abheben lohnt sich halt einfach nicht. ;)
Aus dem Schöffenleben – Betrug ist Betrug
Dass meine kurzen Berichte aus dem Schöffenleben für Euch so interessant sind, hätte ich gar nicht gedacht. Daher gibt es heute mal wieder eine Fortsetzung. Nachdem die letzten zwei Gerichtstermine für mich ausfielen (vielleicht weil eine Berufung zurückgezogen wurde o. ä.), ging es neulich wieder in den Gerichtssaal am Landgericht Schweinfurt. Vor dem Termin wusste ich nicht, was mich erwartet. Wird es der gleiche Vorsitzende Richter sein wie beim ersten Mal? Und der gleiche Mit-Schöffe? Und die wichtigste Frage überhaupt: Was wird verhandelt? Nun, die ersten beiden Fragen klärten sich schnell. Wir werden die nun kommenden Verhandlungen immer in unserem gleichen 3er Team durchführen. Den jeweiligen Fall erläutert uns Schöffen dann der Berufsrichter vorab.
Dieses Mal sollte der zu verhandelnde Berufungstermin um 8:30 Uhr starten. Aber wie es immer so ist, Planungen sind die eine Sache, die Realität eine andere. Die Angeklagte meldete sich krank, konnte allerdings kein Attest vorlegen. Daher wurde ihr dringend angeraten, unbedingt vor Gericht zu erscheinen, was sie dann eine Stunde später auch tat.
In erster Instanz hatte sie für einen Betrugsfall am Amtsgericht Schweinfurt 6 Monate OHNE Bewährung erhalten (aufgrund verschiedener Vorstrafen usw.). Kurz danach wurde die Angeklagte in einer anderen Verhandlung (unabhängig von unserem Fall) vom Amtsgericht Münnerstadt zu 6 Monaten MIT Bewährung verurteilt.
Gegen das Urteil des Amtsgerichts Schweinfurt hatten sowohl die Angeklagte als auch die Staatsanwaltschaft Berufung eingelegt, weswegen ich als Schöffe schließlich dort war. Im Rahmen der Verhandlung zogen dann sowohl Angeklagte als auch Staatsanwaltschaft ihre Berufung zurück, was für die Angeklagte sogar sinnvoller ist. Warum das?
Nun wird es für den Laien etwas knifflig. Mir wurde erklärt, dass normalerweise das Gericht, bei dem das letzte Urteil gesprochen wurde, für den weiteren Verlauf zuständig ist. Denn es gibt jetzt zwei Urteile mit gleichem Strafmaß, die beide noch nicht angetreten wurden. Konkret heißt das, ohne eine Berufung in Schweinfurt ist das Amtsgericht in Münnerstadt zuständig für die Strafe. Dort hat die Angeklagte voraussichtlich Aussichten auf eine etwas milderes Maß bzw. die Strafe MIT Bewährung (aber plus Auflagen). Das liegt allerdings nicht mehr in unserer Hand und ist daher nur eine Vermutung. Erfahrungsgemäß nähert man sich in der Praxis bei solch „kleineren Fällen“ aber der goldenen Mitte und es werden (vermutlich) 9 Monate mit Bewährung plus Auflagen. Richtig, 2x 6 Monate ergibt natürlich nicht 9, für die Angeklagte war es somit besser, die Berufung zurückzunehmen.
Des Weiteren wolltet Ihr wissen, ob Verhandlungstermine irgendwo vorher einsehbar sind. In Schweinfurt werden die sogenannten „Sitzungslisten“ nicht veröffentlicht und Besucher müssen sich auf gut Glück vor Ort am Aushang über öffentliche Verhandlungen informieren.
Derzeitig sind montags bis donnerstags (im Regelfall) drei Strafrichter/Innen des Amtsgerichts aktiv, wobei zwei der Kollegen auch Ordnungswidrigkeiten verhandeln, die meist weniger spannend sind. Dazu kommen noch Sitzungen der Strafkammern am Landgericht. Wer, was, wann verhandelt, liegt bei den jeweiligen Richtern. Manchmal kann es durchaus sein, dass man durch die Presse im Vorfeld auf einen Termin aufmerksam wird.
Und wie hat es ein Richter so schön gesagt: „…kurzfristige Berufungs- oder Einspruchsrücknahmen, spontane Erkrankungen von Zeugen und/oder Angeklagten lassen unsere Kalender manchmal sehr lebendig werden.“ Und ja, das stimmt!
Die Ladung für meinen nächsten Termin im Mai habe ich bereits erhalten und ich bin gespannt, um was es sich dieses Mal drehen wird. Stay tuned!