„Wissenschaftliches Trinken“ stand im Rahmen meiner Tätigkeit als Schöffe auf dem Programm. Wie kommt man dazu? Alkoholkonsum spielt in Gerichtsverhandlungen oft eine Rolle und nicht selten kommt es vor, dass Werte von 1,5 Promille und mehr erreicht werden. Sollte es da zu einem Unfall kommen, ist in den meisten Fällen die Physik Sieger im Duell Fahrzeug vs. Kurve. Was den Alkoholkonsum des Fahrers angeht, hört man dann im Anschluss durchaus interessante Angaben vor Gericht. Wahrscheinlich hat jeder von uns auch eigene Erfahrungen mit Alkohol gesammelt und seine Schlüsse daraus gezogen, aber die wenigsten wissen konkret, wie der Körper reagiert.
Von „unserem“ Gericht flatterte vor einiger Zeit das Angebot ins virtuelle Postfach, an einem „wissenschaftlich begleiteten Trinkversuch“ teilzunehmen, um eben mehr zu erfahren über die Reaktionen des Körpers. Die Begeisterung war bei vielen (Mit-)Schöffen recht groß, denn die Veranstaltung war schnell ausgebucht. Verständlich, denn wann bekommt man schon die Gelegenheit, an solch einer Selbsterfahrung teilzunehmen und u.a. verschiedene Situationen in einem Fahrsimulator auszuprobieren?
Die Veranstaltung wurde in Zusammenarbeit mit dem BADS e.V. (Bund gegen Alkohol und Drogen im Straßenverkehr) und der Landessektion Bayern-Nord durchgeführt. Außerdem mit dabei war ein Präventionsprojekt der Stadt Schweinfurt „HaLT – Hart am LimiT“. Hier gab es einen kleinen Exkurs in die Welt der Jugendlichen. In unserem Einzugsgebiet kommen pro Jahr ca. 80 Jugendliche ins Krankenhaus mit Verdacht auf Alkoholvergiftung. Mit diesen wird in den folgenden Tagen gesprochen und ggf. Unterstützung angeboten. Ihr wisst schon, der frühe Vogel fängt den Wurm. Wer jetzt allerdings denkt: „Ich habe es schon immer gesagt, die Jugend von heute…“, der irrt. Das Verhalten von früher zu heute hat sich nämlich gar nicht großartig geändert. Und wenn ich zurück denke… früher im Spessart… ach, das lassen wir jetzt lieber. 😉 Kommen wir lieber zurück zum Thema „HaLT“, das Präventionsprojekt gibt es an verschiedenen Standorten in Bayern, vielleicht gibt es ja auch ähnliches in anderen Bundesländern?
Neben dieser Vorstellung erhielten wir einen kleinen Vortrag aus der Rechtsmedizin mit Infos rund um den Alkoholkonsum, was die ein oder andere subjektive Wahrnehmung durchaus in anderes Licht rückte. Jedes Glas Bier oder Wein setzt in unserem Körper verschiedene Prozesse in Bewegung, abhängig von Körpergewicht, Trinkmenge und auch einem gewissen „Trainingseffekt“. Und wie bei einer Kontrolle der Alkoholgehalt genau festgestellt und zurückverfolgt werden kann, bekamen wir ebenfalls erklärt. Zu behaupten „Ich habe nur 2 Bier getrunken“ kann man durchaus bei einer Alkoholmessung von 1,1 Promille angeben, man darf sich dann allerdings nicht wundern, wenn die Blutprobe wartet. Falls man sich überhaupt noch wundern kann. Super spannend und wir konnten/sollten dabei unsere mitgebrachten Alkoholika trinken.
Nachdem wir eine gewisse Menge getrunken hatten, hatten wir die Möglichkeit, in einem Fahrsimulator unter verschiedenen Bedingungen zu fahren. Bereits zu Beginn konnte jeder einmal den Fahrsimulator testen, entweder im nüchternen Zustand, oder mit voreingestelltem Promillewert. Nun also nach realem Alkoholkonsum. Das Alkoholmessgerät zeigte bei mir einen Wert von 0,5 Promille an. Also der Grenzwert im Straßenverkehr (ohne erkennbares Anzeichen von Fahrunsicherheit). Rein in den Sitz und los geht die (Test)Fahrt. Das Wetter war trocken, es war Nacht und ich war mit einem „normalen“ Fahrzeug (ABS+ESC) unterwegs. „Ist doch easy!“ Kam mir jedenfalls so vor. Tja… die Auswertung sagte etwas anderes: 2x Blinker nicht betätigt, 1x Abstand zum Vordermann zu gering (der kam aber auch nicht in die Gänge!), 2x zu schnell, 1x STOP-Schild nicht beachtet, 1x Verkehrsteilnehmer gefährdet und 1x Unfall. Mehr muss man dazu nicht sagen!
Fazit: Eine super Erfahrung – vielen Dank an die Orga – und egal, ob 0,5 oder 1,6 Promille Alkohol – das Auto bleibt stehen! Punkt!
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