Im Winter ist das Ötztal bekannt für Schnee, gute Pisten, Skigebiete für alle Anforderungen und natürlich das leckere Tiroler Essen. Das kann man selbstverständlich auch im Sommer genießen, zum Beispiel nach einer von zahlreichen möglichen Aktivitäten, wie Biken, Bergsteigen und/oder Wandern. Egal ob im vorderen oder im hinteren Ötztal, Touren gibt es en masse und es ist für jeden etwas dabei. Mich persönlich verschlägt es schon eher Richtung hinteres Tal, wo auch die 3000er Gipfel zu finden sind. Wie bei meinem letzten Besuch, wo ich u.a. an der „Ötzi-Fundstelle“ war. Schneebedeckte Gipfel, herrliche Ausblicke – es ist einfach eine sehr beeindruckende Kulisse!
Genau in dieser wunderbaren Kulisse spielt das Wandertheater „Friedl mit der leeren Tasche“. Die Idee dazu hatte Hubert Lepka, der bereits „Hannibal“ am Rettenbachferner in Sölden (mit)entwickelte. Startpunkt für den Friedl ist das Bergsteigerdorf Vent mit seiner prägnanten Talleitspitze (3406m). Von dort aus startete unsere Gruppe ausgestattet mit Funk-Kopfhörern und folgte den Darstellern in ihren historischen Kostümen. Der Weg führte uns ein kleines Stück entlang der Rofenache und anschließend Richtung Martin-Busch Hütte. Die Spiel- und Gehzeit ist mit 6 Stunden angegeben, doch ich kann Euch versichern, dass es so abwechslungsreich ist, dass es einem viel kürzer vorkommt! Inklusive Rückweg ist es ein toller Tagesausflug, man kommt auf ca. 8 Stunden und 800hm. So die groben Eckdaten. Aber nicht davon abhalten lassen, denn es lohnt sich sehr – versprochen! Natürlich sollte die Ausrüstung der Höhe und dem Wetter entsprechen, aber das versteht sich von selbst. Die Martin-Busch Hütte wird gestreift, doch findet während des Theaters keine Einkehr statt. Also auch an den Proviant denken!
Geschichtlich gehen wir um die 600 Jahre zurück. Erzherzog Friedrich von Tirol flüchtet in ärmlicher Verkleidung von seinem Erzfeind Siegmund von Luxemburg von Konstanz nach Meran. Er musste somit genau den Weg nehmen, den wir quasi heute auch nehmen. Vorbei an Pferden (vielleicht waren es damals auch Haflinger), Bergziegen, Murmeltieren und Schafen führte uns der Weg. Wie vor besagten 600 Jahren. Von Erzherzog Friedrich blieb vorerst nicht viel übrig, denn in Vent, genauer gesagt in den Rofenhöfen, schlüpfte er in die Rolle des Knechtes „Friedl“ und tauchte unter. Alleine war es in der Umgebung recht schwer zurechtzukommen, doch mit Hilfe der Magd Anna konnte er fliehen. Anna war (fast) immer an seiner Seite, doch wer ist die fremde Frau, welche wir zwischendurch immer wieder zu Gesicht bekommen?
Die einzelnen Szenen werden immer wieder durch Wanderabschnitte unterbrochen, was die Spannung hebt. Was passiert als nächstes? Wohin führt uns der Weg? In welcher eindrucksvollen Kulisse spielt die nächste Szene? Fragen über Fragen! Manchmal befindet sich der Spielplatz nah an den Zuschauern, manchmal aber auch weiter entfernt. Keine Bange, durch Kopfhörer und spezielle Funkübertragung sind die Zuschauer immer direkt dabei! An dieser Stelle ein dickes Kompliment an den Tontechniker! Um zu erfahren, was weiter passierte, mussten wir einige Höhenmeter hinter uns lassen – nahe den Gletscherzungen sollten wir es erfahren.
Während des Theaters fühlt man sich in die damalige Zeit zurückversetzt. Die Umgebung, die Kostüme und die Musik– es fühlt sich an, als steckt man mittendrin. Sprachlich ist es ein Mix aus Deutsch und dem Ötztaler Dialekt, der übrigens von der UNESCO zum immateriellen Kulturerbe ernannt wurde! Ich gebe zu, das ein oder andere mal muss man etwas konzentrierter zuhören… aber das macht die Authentizität aus.
Im Winter macht das Wandertheater eine Pause. Die neuen Spieltermine (vermutlich wieder im September) sind aktuell noch nicht veröffentlich, kommen aber in den nächsten Monaten und sind dann hier zu finden. Wäre doch auch ein tolles Weihnachtsgeschenk!?
Mein persönliches Fazit: Die Schauspieler sind top, die Geschichte spannend (zu viel wird hier natürlich nicht verraten), die technische Umsetzung ist super und die Kulisse ist einfach der Hammer! Meine beiden Daumen gehen eindeutig nach oben!
Genächtigt habe ich im Hotel Macun. Direkt in Vent gelegen, mit Blick zum Rofental, extrem netten Gastgebern und mit einer unglaublich guten Küche. Apropos Küche, hier kocht der Chef (Pirmin) noch selbst. Seine Leidenschaft fürs Kochen und regionale Produkte schmeckt man und ich durfte ihm über die Schulter schauen, vor allem aber im Anschluss im hauseigenen Restaurant „Das Siebzehn“ das Ergebnis genießen.
Genau diese Unkompliziertheit und Offenheit („Ich würde dir gerne einmal über die Schulter schauen, ist das möglich? – „Ja, klar – wann passt es dir?“) mag ich persönlich sehr. Dies ist nicht nur in Vent bzw. im Hotel Macun so, sondern im ganzen Ötztal. Da fühlt man sich einfach wohl!
Ein Dankeschön geht an das ganze Team vom Ötztal Tourismus, die dieses Erlebnis erst ermöglicht haben.
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