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Die erste Teilstrecke unseres Roadtrips #altesblechaltegrenze führte uns von Rüsselsheim mit Zwischenstopp in Partenstein im Spessart weiter in Richtung Osten. Am ersten Tag mussten wir einige Kilometer auf der Autobahn hinter uns bringen. Da ich zuerst mit dem Opel Corsa unterwegs war, musste sich mein Körper zunächst an den vorhandenen Platz gewöhnen, was im Umkehrschluss zu lustigen Anblicken beim bei Ausstieg geführt haben soll – aber das ist ein anderes Thema.
Das Wetter spielte mit, um die Reifen auch bei Regen zu testen. Diese hielten, was sie versprachen und auch die Fahrzeuge konnten keinen Wassereinbruch vermelden, bis auf leichte Wasseransammlungen in den Blinkern des Fords – quasi Blinkerflüssigkeit 😉
Wir fuhren auf der A70, bis wir an den Ausläufern des Fichtelgebirges ankamen. Von dort aus ging es auf Landstraßen weiter. Trotz des anhalten Regens genossen wir die kurvigen Straßen, die schöne Gegend und erreichten unser Etappenziel, den Ochsenkopf am Nachmittag. Zum Glück ließ der Regen nach und somit machten wir uns auf den Weg nach oben. Theoretisch ginge ein Lift, aber aus bekannten Gründen war dieser noch außer Betrieb. Wir nahmen den direkten Weg und wanderten in mystischer Stimmung auf den Gipfel.
Warum haben wir uns eigentlich das Fichtelgebirge, bzw. den Ochsenkopf als erstes Ziel unseres Trips um die deutsche Teilung ausgesucht? Bevor ich Euch diese Frage beantworte, muss ich Euch noch eine Info geben. Bereits vor unserer Tour kamen (wenige) Stimmen auf, dass wir „Wessis“ zwar in den Osten fahren, aber dann beispielsweise ohne Trabant/Wartburg unterwegs sind (was wir im Übrigen auch gern getan hätten, hat aber nicht funktioniert). Des Weiteren könnten wir doch gar nicht neutral und unvoreingenommen über die DDR berichten. Mag sein, aber das war auch nicht unser Ziel, denn als „Wessi“ können wir überhaupt keine Eindrücke aus dem damaligen Osten vermitteln – woher auch?! Als Kind bekam ich nicht viel mit von Teilung und Grenze. Wir hatten keine direkte Verwandtschaft in der DDR und soweit ich mich erinnern kann, wurde auch während der Schulzeit nicht sonderlich viel über die Teilung/Grenze/DDR gesprochen. Im Nachhinein sehr schade, aber umso mehr versuchten wir, Eindrücke und Erfahrungen bei unserem Roadtrip zu sammeln. Ich sehe es eh positiv, denn ich kann unvoreingenommen an unseren Trip herangehen. Übrigens ist Marcel, unser Fotograf, in der Pfefferkuchenstadt Pulsnitz aufgewachsen. Somit hatten wir auch einen „Ossi“ mit on Board.
Aber zurück zum Ochsenkopf. Dieser spielte zu Zeiten der deutschen Teilung eine wichtige Rolle, um über den 191,5 Meter hohen Fernsehturm ab 1958 Westfernsehen in den Osten zu senden. Überwiegend wurde das Programm der ARD gesendet und erreichte weite Teile der ehemaligen DDR. In den Anfangszeiten soll der Empfang von Westfernsehen offiziell noch komplett untersagt gewesen sein, später dann geduldet. Allerdings zeigt eine Studie („Opium for the Masses: How Foreign Media Can Stabilize Authoritarian Regimes“ oder „Leben ohne Westfernsehen: Studien zur Medienwirkung und Mediennutzung in der Region Dresden in den 80er Jahren“), dass dies gar nicht so fruchtete, wie angenommen. Ursprünglich sollte durch die Übertragung die Hinterfragung des Regimes verstärkt werden. Aber im sogenannten „Tal der Ahnungslosen“ (wo immerhin 15% der gesamten Bevölkerung lebten, dort aber kein West-Fernsehen verfügbar war) waren die Bewohner unzufriedener mit dem Regime als in der restlichen Bevölkerung. In erster Linie war das Westfernsehen also vorrangig Unterhaltungsprogramm, wie für alle anderen auch. Der Sendeturm steht nach wie vor und ist aktuell im Besitz des Bayerischen Rundfunks. Ansonsten bietet der Ochsenkopf mit seinen 1024m Höhe zahlreiche Ausflugsmöglichkeiten, von Skipisten über Trails bis hin zu Sommerrodelbahn und Klettergarten.
Neben dem Ochsenkopf spielte sein Nachbar, der „Schneeberg“, eine wichtige Rolle in der Geschichte der deutschen Teilung. Seit Jahrhunderten bestand hier eine Signalwarte und im letzten Jahrhundert wurde er zum Militärstützpunkt. Ein Aufklärungsturm wurde errichtet, um über die Streitkräfte des Ostblocks aufzuklären. Man befand sich schließlich im kalten Krieg, der jederzeit hätte eskalieren können. Was zum Glück nicht passiert ist! 1992/1993 wurden die Umzäunungen abgebaut und die Bevölkerung hatte nach Jahrzehnten wieder die Möglichkeit, den Gipfel zu besuchen.
Übrigens ist der Schneeberg mit seinen 1053 Metern der höchste Berg der Franken. Leider hatten wir Pech mit dem Wetter und der Gipfel war nicht zu sehen. Was aber auf jeden Fall genial ist, also nicht nur im Rahmen eines Roadtrips, ist die Umgebung des Fichtelgebirges zum Wandern bzw. Natur genießen. Reflektierend betrachtet frage ich mich, warum ich die Region noch kaum auf dem Schirm hatte. Das muss sich in Zukunft ändern! Eine Gegend mit vielfältiger Landschaft inklusive über 1000km2 Naturpark, Europas größtem Felsenlabyrinth und Gipfeln bis zu 1000m Höhe. Um nur ein paar der Highlights zu nennen.
Übernachtet haben wir im Hotel SOIBELMANNS Bad Alexandersbad im gleichnamigen Ort, ein 4-Sterne-Hotel inklusive Wellnessbereich, den wir leider nicht nutzen konnten.
Am nächsten Tag ging es für uns weiter nach Mödlareuth. Dort besuchten wir das Deutsch-Deutsche Freilichtmuseum Mödlareuth. Ein weiterer historischer Ort, der von den Amerikanern gerne „Little Berlin“ genannt wurde. Das geteilte Dorf. Die Grenze verlief genau auf dem Tannbach (ein kleiner Bach, der mitten durch das Dorf führt). Zu Beginn wurde die Grenze „nur“ mit einem Zaun abgegrenzt. Später dann jedoch weiter befestigt und mit Grenzsperranlagen wie Mauer, Stacheldraht und Türmen versehen. Diese wurden erhalten und die 700m lange Anlage bzw. Gedenkstätte kann (aktuell unter Berücksichtigung der Corona-Auflagen) besichtigt werden. Zusätzlich befindet sich neben der Grenzanlage ein Museum inkl. Fahrzeughalle. Darin sind verschiedene Modelle sowohl aus dem Westen als auch aus dem Osten zu sehen. Unter anderem ein SK-1 (mit der Aufschrift R28), welcher damals zur Grenzabsicherung z. B. beim Bau der Berliner Mauer eingesetzt wurden. Das Sonder-Kfz-1 war übrigens das einzige in der DDR serienmäßig gebaute Panzerfahrzeug.
Wir hatten eine interessante (coronakonforme) Führung vor Ort und es ist wirklich spannend, weil man hier Geschichte so nah erleben kann. Und einfach unvorstellbar, wie eine Grenze einfach mal ein kleines Dorf teilt, das kann man wahrscheinlich auch mit Führung und Infotafeln nicht mal ansatzweise erahnen.
Wie immer verging die Zeit zu schnell und wir mussten uns ja noch um den Corsa kümmern. Denn ein Roadtrip wäre kein Roadtrip, wenn alles reibungslos verlaufen würde. Doch was genau passierte, das erfahrt ihr in den nächsten Blogposts…
Mehr zum Roadtrip #altesblechaltegrenze findet Ihr natürlich auch auf den Blogs von Sebastian und Daniel.
Zwecks Transparenz: Ohne grandiose Partner wäre so ein Roadtrip nicht möglich gewesen. Deshalb ein dickes Dankeschön an: Dunlop, Opel, Volkswagen, Ford Deutschland, Tourismusregion Sachsen, Tourismusregion Fichtelgebirge, Deutsch-Deutsches Museum Mödlareuth, August Horch Museum in Zwickau, Gedenkstätte Deutsche Teilung Marienborn und Gedenkstätte Point Alpha.
Bilder von Marcel Langer, Daniel, Sebastian und mir.
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