Wieder einmal stand eine Gerichtsverhandlung für mich als Schöffe auf dem Programm. Die übliche Ladung flatterte rechtzeitig ins Haus. Eine kleine Änderung bzw. ein Zusatz machte mich kurz stutzig, statt einem Termin, wie in der Vergangenheit üblich, waren gleich zwei Termine vermerkt. Allerdings beide am gleichen Tag, von daher kein großer zusätzlicher Aufwand. Als Schöffe muss man einkalkulieren, dass ein Fall länger dauern kann und sollte den Gerichtstag sowieso nicht anderweitig verplanen.

Früh beim ersten Fall ging es wieder einmal um eine Berufung, was am Landgericht ziemlich häufig ist. Dieses Mal kam die Berufung „nur“ von Seiten der Staatsanwaltschaft. In den Fällen, in denen ich bisher beteiligt war, hatte immer die Verteidigung Berufung eingelegt und die Staatsanwaltschaft direkt im Anschluss reagiert und nachgezogen. Die Verteidigung, um eine geringere Strafe zu verhandeln, die Staatsanwaltschaft, um mindestens die selbst Strafe aus erster Instanz zu halten oder sogar eine höhere einzufordern.
Der Angeklagte hatte insgesamt vier Straftaten begangen. Zwei unter Alkoholeinfluss (ein Unfall ohne Personenschaden und mit Alkohol auf dem Fahrrad erwischt worden) und zwei weitere kleinere Dinge. Aus den vier Einzelstrafen wurde eine Gesamtstrafe gebildet. Es handelte sich um eine Geldstrafe, welche nicht unerheblich war. Soweit in Ordnung. Allerdings hat der Richter im Amtsgericht damals nicht bedacht, dass die Gesamtstrafe höher sein muss, als die höchste Einzelstrafe. In unserem konkreten Fall war sie allerdings genau gleich hoch, was so nicht sein darf, wie ich an diesem Tag gelernt habe. Theoretisch hätte es gereicht, wenn sie nur einen Euro höher gewesen wäre, war sie aber nicht. Daher die Berufung der Staatsanwaltschaft. Nach kurzer Verhandlung zogen wir uns zurück, einigten uns schnell und unser Urteil wurde anschließend durch den Vorsitzenden verkündet. Insgesamt eine etwas höhere Gesamtgeldstrafe. Da war es also – „mein“ erstes Urteil!

Der Tag war noch nicht zu Ende, eine weitere Verhandlung wartete kurz darauf. Erfahrungsgemäß ging ich wieder von einer Berufung aus. Und so war es dann auch. Konkret ging es um eine Körperverletzung. Ein Mann hatte im Streit seine Ehefrau in der Öffentlichkeit geschlagen und ein Zeuge hatte dies mitbekommen (so die Kurzform).
In erster Instanz hatte der Angeklagte eine Freiheitsstrafe ohne Bewährung erhalten und fand diese ungerechtfertigt. Deshalb auch die Berufung der Verteidigung. Aus taktischen Gründen ging die Staatsanwaltschaft ebenso in Berufung. Aus der Vorinstanz war bekannt, dass der Angeklagte ein eher aufbrausender Typ sein sollte, auch während der Verhandlung. Vielleicht war deshalb ein Justizbeamter auf dem Gang postiert. Bei unserem Termin war er jedenfalls deutlich ruhiger. Es lief alles auf eine erneute Verurteilung hinaus. Wobei man der Fairness halber sagen muss, dass es ohne den Zeugen (der sehr glaubhaft war) sicherlich zu einem Freispruch gekommen wäre. Stichwort: Aussage gegen Aussage. Keine der Parteien (Verteidigung/Staatsanwaltschaft) wollte/konnte die Berufung zurückziehen und somit wurde das zweite Urteil an diesem Tag gefällt, es blieb bei der Verurteilung des Angeklagten.

Persönliches Fazit: Als Laie empfand ich die zwei Verhandlungen anstrengend. Weniger vom Inhalt, sondern eher konzentrationsbedingt. Das Abwägen von zig unterschiedlichen Aussagen und Beweisen, hineindenken und gedanklich umschalten etc. Aber trotzdem wieder sehr interessant, Schöffe zu sein macht mir enorm viel Spaß und ich freue mich auf den nächsten Termin, der schon in 2 Wochen wieder ansteht.

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2 Responses

  1. Wie ist die Einleitung zu verstehen: »Wieder einmal stand eine Gerichtsverhandlung für mich als Schöffe auf dem Programm«, und auch weitere Formulierungen, die daraufhin deuten, dass du schon an mehreren Verhandlungen teilgenommen hast — aber dann im Text ist davon die Rede, dass es dein erstes Urteil war.

    Wie kommt das? Sind alle vorigen Prozesse ohne Urteil ausgegangen? Geplatzt? Oder wie?

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